Ab 1902 wurde neben Fußball und Tennis auch „leichte Athletik“ beim GAK betrieben – daraus entwickelte sich der bedeutendste steirische Vertreter in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 1963 wurde die Sektion dann „vorübergehend eingestellt“.
Die Leichtathletiksektion war bis zu ihrer Auflösung, nicht nur mit bis zu 300 Mitgliedern die größte, sondern auch die erfolgreichste Sektion des gesamten GAK! Was für die Entwicklung des Fußballs (aber auch für zahlreiche andere Sportarten) gilt, gilt besonders für die Leichtathletik: der Allroundsportklub war der Wegbereiter für die sportliche Entwicklung in der Steiermark. Nicht zu Unrecht wird der Begriff „Der Erste unten den Provinzvereinen“ in der Zwischenkriegszeit auch für die roten Leichtathleten verwendet: zwischen 1929 und 1931 gab es den so genannten Dreiklubkampf der drei besten österreichischen Klubs WAF, WAC – und eben dem GAK!
Freilich waren die Bedingungen mit jenen in Wien – aus finanzieller, aber auch infrastruktureller Sicht – nicht zu vergleichen, trotzdem gehörte der Verein zu den Topadressen in Österreich: über 70 Staatsmeistertitel sowie unzählige Rekorde, Nationalmannschaftsnominierungen und Teilnahmen an internationalen Veranstaltungen. In der Steiermark ist der GAK bis Mitte des 20. Jahrhunderts fast unangefochten an der Spitze – mehr als 400 Landesmeistertitel und 150 Rekorde sprechen dafür eine deutliche Sprache.
Die Geburtsstunde der Sektion liegt bei der ersten Hauptversammlung des Vereins am 18. Oktober 1902: neben Fußball sollen auch Abteilungen für Tennis und „leichte Athletik“ als Kern des Klubs gegründet werden. Die Leichtathleten der ersten Stunde waren noch wirkliche Allroundsportler, die in allen möglichen Disziplinen und Sportarten tätig waren, und blieben bis fast zum Ende des Ersten Weltkriegs mehr oder weniger unter sich – da gibt es auch gewisse Parallelen zum Tennis. 1914 gab es 24 Mitglieder, ein gutes Jahrzehnt später hatte sich die Mitgliederzahl mehr als verzehnfacht! Stellvertretend einige Namen aus der ersten Phase: A. G. Kurt („Accurti“, Fußball-Tormann in der Gründungszeit), Douglas Wallnöfer, Robert Zettinig (auch Fußballer, im 1. Weltkrieg gefallen, steirischer Sprintrekordler) oder Wolfgang Leitgebel (ebenso Fußballer).
Die ersten Trainings fanden noch auf der Trabrennbahn auf dem heutigen Messegelände statt, weil erst 1903 eine Laufbahn und Sprunggrube am GAK-Platz angelegt werden. Am 29. September dieses Jahres findet dann das erste internationale Leichtathletik-Meeting in der Körösistraße statt und 1905 ein großes Sportfest am Trabrennplatz. 1909 wurde Armin Arbeiter für knapp zehn Jahre Sektionsleiter, der als Sportler (u. a. mit dem ersten „offiziellen“ steirischen Rekord und dem ersten nationalen Titel für den GAK 1912 im Speerwurf), aber auch als Funktionär innerhalb und außerhalb des Vereins die Entwicklung der steirischen Leichtathletik in der ausgehenden Monarchie vorantrieb.
Arbeiter war – gemeinsam mit Ferdinand Friebe – „Erfinder“ des Staffel-Werbelaufs „Rund um den Schloßberg“, der jeweils zehntausende Zuschauer an die Strecke trieb, und baute auch die Leichtathletik in der Obersteiermark mit auf. In der NS-Zeit stand er als „Vereinsführer“ an der Spitze des Gesamtvereins, musste sich deshalb auch einem Entnazifizierungsverfahren stellen. Arbeiter wurde als „minderbelastet“ eingestuft und kehrte bald wieder als Funktionär zum Verein zurück. Zudem war später er Ehrenpräsident des GAK und als Gründungsmitglied (Ehren-)Präsident des Sportdachverbandes ASVÖ Österreich und Steiermark, dem der GAK bzw. alle seine Zweigvereine angehören. Letztlich war es die Initiative dieses Funktionärs, dass der ASVÖ 1952 die Grundstücke in der Körösistraße übernahm und dem Verein zu günstigen Bedingungen zur Verfügung stellen konnte.
1920 folgt mit Ferdinand Friebe als Sektionsleiter die bedeutendste Persönlichkeit der steirischen Leichtathletik in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Zunächst als Sportler und dann als Funktionär legte er – ähnlich wie Robert Köllner beim Schwimmsport – die Basis für die späteren Erfolge. Er baut die Sektion sukzessive aus, dazu gehört ab 1922 eine eigene Damenabteilung, Gymnastik (auch wegen des notwendigen Saaltrainings im Winter), eine Kinder- und Jugendabteilung (die aber auch Wintersport, Wandern und andere Freizeitaktivitäten organisierte), sogar ein eigener Wohlfahrtsausschuss sowie eine Altherrenabteilung. Auch Handball wurde ab 1927 – zunächst als Ausgleichssport – von der Leichtathletik-Sektion betrieben und erst später selbständig. Den Mitgliedern steht zudem eine eigene Bibliothek, ein leider nicht mehr existierendes Fotoarchiv und eine Filmstelle zur Verfügung. Dazu gibt es Vertrauensleute an den Schulen – noch um 1950 treten deshalb zahlreiche Schülerinnen des Oeverseegymnasiums geschlossen der Sektion bei.
Darüber hinaus wird schon umfangreiche statistische Arbeit betrieben – ein Beispiel: 1927 werden 20 Athleten mit ihren Zeiten auf 100 m gestoppt: der schnellste ist der damalige Rekordsprinter Karl Glaser in 11,1 Sek., der langsamste Josef Stoisser, gerade erst am 12. August 1927 dem Verein beigetreten, mit 12,4 Sek. Bei den Frauen sind in diesem Jahr sechs Hochspringerinnen dokumentiert, dazu Leistungen im Diskus, Weitsprung und dem 100-m-Sprint. Sechs GAK-Athleten sind in diesem Jahr Teil des österreichischen Nationalteams.
„Ich habe mich für die Sache nicht umsonst eingesetzt und meine Zeit geopfert, ich habe einen tüchtigen Nachwuchs erzogen, der meine Stelle bei scharfen Konkurrenzen gut vertreten wird“.
Der 36jährige Ferdinand Friebe, anläßlich der Niederlage gegen Vereinskollegen Hubert Pugl bei den steirischen Geländemeisterschaften 1930, Grazer Tagblatt 7. April 1930.
Neben seinen organisatorischen Fähigkeiten war Friebe aber auch ein hervorragender Sportler und dominierte die Mittelstrecke in Österreich: zwischen 1913 und 1929 gewann er insgesamt 17 Staatsmeisterschaften über 800 m bzw. 1.500 m und zwei Staffeltitel (3 x 1000 m 1922 und 4 x 1.500 m 1930). Dazu kommen noch 23 nationale Rekorde und 1924 die Teilnahme bei der Olympiade. Er ist der erfolgreichste GAK-Leichtathlet.
Der erste Lauf „Rund um den Schloßberg“ findet am 6. Juli 1919 statt (später war der Mai klassischer Austragungsmonat) – in diesem Jahr noch explizit für Fußballmannschaften ausgeschrieben. Eine eigene Staffette mit GAK-Leichtathleten lief außer Konkurrenz die Strecke in 9:26 Minuten. Neun Staffeln mit 90 Läufern waren gemeldet und der Sportklub „Gabelsberg“ gewann in 9:46 Minuten. Die GAK-Fußballer wurden Dritte (9:53 Min.), jene von Sturm errangen den 4. Platz (10:30 Min.)
Ab 1920 sind dann auch Leichtathletikvereine eingeladen und dominieren fortan das sportliche Geschehen. Insgesamt gibt es bis 1969 (da gab es schon lange keine GAK-Leichtathletiksektion mehr) vierzig Austragungen, bis 1940 gewinnen die jeweiligen GAK-Staffeln in der Hauptklasse – bis auf 1927 – alle Veranstaltungen. Die Laufstrecke bleibt über die Jahrzehnte fast unverändert: Start und Ziel war am Ring vor der Oper, im Uhrzeigersinn ging es um die Innenstadt – also die Straßenzüge Neutorgasse (teilweise Schmiedgasse), Kai, Wickenburggasse, Parkring, Glacisstraße (bis 1929 über den Schanzgraben im Stadtpark), Maria-Theresia-Allee. Die knapp 3,7 km lange Strecke wird pro Staffel mit 10 Läufern bestritten. Zwischen 1934 und 1937 sowie 1945 gibt es keine Austragung. 1950 findet der Lauf zum 25. Mal statt, gemeldet sind 70 (!) Staffeln mit 700 Läufern in den unterschiedlichsten Kategorien, sportlich hat der GAK aber nichts mehr zu melden! Achtungserfolge als Zweitplatzierte gibt es noch in den Jahren 1946, 1952 und 1953. 1923 wird ein eigener Durchführungsauschuss gegründet, weil es zwischen dem Österreichischen Leichtathletikverband und dem bisherigen Alleinveranstalter GAK Differenzen um die sportliche Ausrichtung des Laufs gab. Das „Grazer Tagblatt“ tritt offiziell als Veranstalter auf.
Im Laufe der Jahre kommen dann weitere Teilnehmerkategorien dazu, neben den klassischen Leichtathletikvereinen, welche für Handballer und Leichtathletik-Frauen (!), aber auch für Jugend, Schulen o. ä. (mit verkürzten Strecken). Bei den Frauen gibt es 1953 einen 2. Platz sowie 1949 und 1953 jeweils einen 3. Platz. Eine eigene Klasse für Fußballvereine gibt es natürlich weiterhin – 1955 gelingt in der Kategorie der dritte Sieg en suite und damit ging der Wanderpokal in den Besitz des Vereins über (vermutlich wird die Trophäe aber nicht mehr existieren ...).
Neben dem Schloßberglauf veranstaltet der GAK am 21. August 1921 die ersten offiziellen Steirischen Meisterschaften. 1923 folgt der Lauf „Quer durch Graz“, später ein Frühjahrswaldlauf und (internationale) Stadionmeetings in der Körösistraße oder nach 1951 im Liebenauer Stadion. Auch österreichische Meisterschaften fanden regelmäßig am GAK-Platz statt, zuletzt 1951. Werbeveranstaltungen außerhalb von Graz – teilweise mit anderen Sektionen gemeinsam – stehen ebenfalls regelmäßig auf der Tagesordnung.
1913 gewinnt Ferdinand Friebe seinen ersten Staatsmeistertitel (1.500 m in 4:30,0 Min.), ihm folgt Otto Egger (nicht zu verwechseln mit Vereinsgründer und Fußballpionier Franz Egger!) im Jahr darauf im Weitsprung. Anfang der 1920er ist neben Friebe noch Josef Kastner (Speerwurf 1923), Hermann Fritz (Stabhochsprung 1926) und Hans Volckmar im Zehnkampf (1922, 1923) sowie im Hochsprung (1923) erfolgreich. Volckmar betätigt sich später auch im Rodel- und Bobsport – er ist unter anderem Bronzemedaillengewinner bei der Bob-WM 1931 und Olympiateilnehmer 1936. Friebes Titelanzahl kommt am ehesten noch Fritz Umfahrer nach: er wird insgesamt jeweils fünf Mal Hochsprung- und Speerwurf-Staatsmeister und erzielte nationale Rekorde in beiden Disziplinen.
Eine ambivalente Persönlichkeit ist Raimund Held: sportlich schreibt er mit zwei Staatsmeistertiteln und dem Sieg bei der Universiade 1927 im Stabhochsprung in Rom Vereinsgeschichte. Er betätigte sich bei den Athletikern auch als Eishockeyspieler und Fußballer. Um 1930 heiratet er die GAK-Leichtathletin Margit (Margarete) Zoppelt. Politisch ist er später den illegalen Nationalsozialisten zuzuordnen und war nach dem Juli-Putsch 1934 bis zu seiner Verhaftung 1936 kommissarischer Gauleiter der (verbotenen) NSDAP in der Steiermark. Nach dem Krieg musste er sich deshalb einem Entnafizierungsverfahren unterziehen. Er baute ein Bauunternehmen auf.
Eine tragische Figur ist hingegen Simon Woisk, der als bester Langstreckenläufer des GAK gilt. 1926 belegte er den 24. Platz (!) in der Marathon-Weltbestenliste und wurde in dem Jahr österreichischer Vizemeister. Der mehrfache steirische Rekordhalter ging 1930 aus beruflichen Gründen nach Wien und verstarb 1933 an einer Grippe in Folge einer Verkühlung, die er sich beim Wintertraining zugezogen hatte. Zu seinen Ehren veranstaltete der Klub mehrfach einen Gedenklauf.
Einen spektakulären Titel erringen die Mittelstreckenläufer der Athletiker 1930: in österreichischer Rekordzeit von 17:28,4 Min. gewinnt das Quartett Volker Spannuth, Ferdinand Friebe (!), Karl Margreitner sen. und Hubert Pugl die 4 x 1.500-m-Staffel bei den Staatsmeisterschaften. Dazu kommt noch die Wiederholung des Sprinttitels von Karl Glaser aus dem Vorjahr und jener im Hochsprung durch Ernst Zahlbruckner. Insgesamt gewinnt der GAK 1930 fünf Staatsmeisterschaften: den Triumph auf der Mittelstrecke machen die Einzeltitel von Hubert Pugl über 800 m und 1.500 m (auch in Rekordzeit) perfekt.
Ernst Zahlbruckner (1914 – 1991) wird sich 1937 und 1939 auch im Speerwurf in die Staatsmeisterschafts-Annalen eintragen, 1937 kommt er bei der Universiade ins Finale und noch 1947 (!) gelingt ihm ein Vize-Staatsmeistertitel. Zahlbruckner und seine beiden Brüder Paul und Johann (Hans) stammen aus Eisenerz, haben auch in Leoben Sport betrieben (v. a. Wintersport, Eishockey). Paul war ebenso Leichtathlet beim GAK und Johann gehört zu den besten steirischen Tennisspielern jener Zeit, war u. a. mit den Rotjacken Mannschafts-Staatsmeister. Der Neffe der drei ist Dr. Rudolf Zahlbruckner, seit 1967 beim GAK-Tennis und langjähriger Vereinsfunktionär (Präsident Tennis 2006 bis 2012, Schriftführer Stammverein).
1935 gewinnt dann mit Hans ein weiterer Sprössling der Friebe-Dynastie den Staatsmeistertitel über 1.500 m. Und der Dritte im Bunde, Wilhelm, war gemeinsam mit Ferdinand schon 1922 am 3 x 1.000-m-Staffelsieg beteiligt.
Mit Hermann Tunner erscheint Mitte der 1930er-Jahre eine weitere steirische Sportgröße, der die Leichtathletik bis weit in die 1950er-Jahre prägen sollte. Für den GAK, für den er bis 1947 angetreten ist, erringt er insgesamt sieben Staatsmeistertitel in den unterschiedlichsten Disziplinen (Zehnkampf, Diskus, Weitsprung, Kugelstoßen). Bis 1955 gewinnt der Sportler dann für andere Vereine (u. a. Post SV, ATUS Graz) noch sieben weitere Staatsmeisterschaften und war 1948 Olympia- und 1950 EM-Teilnehmer im Kugelstoßen.
In seinem Fahrwasser konnten sich weitere Athleten wie Fritz Kamputsch (Kugelstoßen), Fritz Pribitzer (Dreikampf), Fritz Schöber (Stabhochsprung) und Erich Vogler (Sprint) bis in die beginnenden 1940er-Jahre in die Siegerlisten der nationalen Meisterschaften eintragen. Ernst Vogler war 1946 auch Teil der Feldhandballmannschaft, die den österreichischen Titel gewann.
Bei den Frauen geht der Stern erst so richtig in der Nachkriegszeit auf – bis dahin bleiben die Erfolge doch eher auf lokalen Ebene. Mit Ine „Inga“ Schäffer (geb. Mayer-Bojana) gibt es 1947 eine Vize-Staatsmeisterin im Kugelstoßen. Ihre Titel 1943 (Kugel, Diskus) sind hingegen fraglich, weil sie in dieser Zeit (auch) beim heutigen ATG (damals: AdTV) als Mitglied geführt wird. Ihre Olympia-Bronzemedaille 1948 mit österreichischem Rekord im Kugelstossen gewinnt sie definitiv als Union-Mitglied. 1944 heiratet sie den GAK-Sportkollegen Heinz Schäffer, von dem sie sich aber wenige Jahr später wieder trennt. 1951 wird die Sportlerin vom Leichtathletikverband gesperrt und wandert 1952 nach Kanada aus, wo sie 2009 stirbt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verliert der GAK die Vorherrschaft über die steirische Leichtathletik, bedingt durch die stärkere Konkurrenz und die Abwanderung von Athleten, weil die Sektion – aus unterschiedlichen Gründen – mehrfach eingestellt war. Trotzdem gab es durch Alexander Mlaker (400 m 1946) und Erwin Reisinger (Hammerwurf 1946, 1947) noch Staatsmeistertitel, was zunächst noch zur Hoffnung Anlass gegeben hat.
Neben den schon beschriebenen äußeren Einflüssen und auch falschen Personalentscheidungen, war vor allem der Entschluss der Vereinsleitung, 1947 die Laufbahn für Radwettbewerbe umzugestalten, weil sich der Verein dadurch entsprechende Einnahmen erwartete, besonders einschneidend. Nachdem dies nicht zum gewünschten Erfolg geführt, mussten 1949 die Anlagen und die Sektion wieder mühsam aufgebaut werden. 1951 verfügten die „Roten“ aber schon wieder über mehr als 70 aktive Sportler. Am 28. und 29. Juli dieses Jahres fand auch der erste internationale Klubwettkampf nach dem Krieg statt – die Athletiker besiegten „Suomi“ Beverwejik aus den Niederlanden am GAK-Platz mit 99:94 Punkten.
Walter Margreitner gehört zur vorletzten Generation von GAK-Leichtathleten, ebenso wie seine Brüder Karl jun. und Otto. Schon seit Vater Karl sen. ist in der Zwischenkriegszeit ein erfolgreicher GAK-Mittelstreckenläufer gewesen, war unter anderem 1930 Teil der siegreichen 4 x 1.500-m-Rekord-Staffel bei den Staatsmeisterschaften (siehe oben). Neben zwei Jugendmeisterschaften folgten noch zahlreiche steirische Titel auf der Mittelstrecke. 1928 gewann Margreitner sen. auch den Lauf „Quer durch Graz“. Er meldet sich gegen Kriegsende als Freiwilliger zum Militär, die Mutter muss sich mit vier Kindern – neben den drei Brüdern gibt es noch eine Schwester – durchschlagen. Der strenge, aber zweifelnde Großvater sorgt dafür, dass Walter Margreitner 1952 der jüngste Tischlermeister Österreichs wird und den Betrieb des Vaters ins Graz St. Leonhard übernimmt.
Der um sieben Jahre ältere Bruder Karl jun. ging ebenso wie er zum GAK. Karl jun. Und war zwar unter anderem einmal österreichischer Akademischer Meister, entschied sich aber relativ bald die Funktionärslaufbahn einzuschlagen. Er leitete dann bis 1956 die Geschicke der GAK-Leichtathleten. Der jüngere Bruder Walter, bei Kriegsende gerade einmal 14 Jahre alt, wird überraschenderweise steirischer Jugendmeister im Gelände und gewinnt in weiterer Folge auch die österreichischen Meisterschaften. Geländelauf sei ihm immer wichtiger gewesen, das stupide Runden laufen nicht so seine Sache, bekennt er. Außerdem sei die Aschenbahn am GAK-Platz „furchtbar“ gewesen, man hätte „jeden Stein“ gespürt.
Der jetzt rüstige Pensionist erklärt bei unserem Gespräch, dass jeder Aktive ein Klubabzeichen erhielt, dass er dann an seinem Leibchen anzubringen hatte. Und dabei gab es eine wichtige Unterscheidung, nämlich Aufnäher mit normaler Borte und solche mit goldener, für langjährig erfolgreiche Aktive. Sein Vater habe so eine bekommen, er hätte nur eine normale gehabt. Diese Aufnäher mussten auch bei jedem Waschen abgenommen und dann wieder angenäht werden. Einen Ausrüster, so wie heute, gab es nicht. Der Verein gab lediglich die Farben von Leibchen und Hose vor und man musste sich dann selbst darum kümmern – 1929 lautete die Anweisung: „Rote Hose mit leichtem Gummizug, weißes Leibchen mit G.A.K.-Klubabzeichen auf der linken Brustseite, mit kurzem Ärmelansatz“. In späterer Zeit waren dann große Aufnäher mit den drei Buchstaben auf Dressen oder Trainingspullovern en vogue.
Eine lebenslange Freundschaft verbindet Walter Margreitner mit Ludmilla Dunst, die auch oft bei seiner Familie zu Besuch gewesen sei. Ludmilla Dunst wird bis 1956 zur erfolgreichsten GAK-Leichtathletin mit insgesamt 7 Staatsmeistertiteln (800 m, Crosslauf). Dazu war sie 1954 bei der Europameisterschaft in Bern und erreichte in ihrem Vorlauf den 7. Platz. In dieser Zeit kamen auch die schnellsten Sprinter Österreichs aus der Körösistraße: Manfred Sewera gewann 1953 den 100-m-Staatsmeistertitel, die Staffel mit Sewera, Harald Kreuzer, Czadilek und Eilfried Huth im Jahr darauf. Es ist der letzte österreichische Männertitel für den GAK. Huth geht beruflich 1956 nach Leoben, trainiert dort weiter Leichtathletik, spielt aber weiterhin für den GAK Feldhandball.
Trainer in dieser Zeit war der charismatische Otto Ludwig Klein, eine österreichische Leichtathletiklegende, in der Zwischenkriegszeit auch ein guter Mittelstreckenläufer, der sich aber vor allem bald als Trainer einen Namen macht. Schon um 1926 soll er sich Ferdinand Friebe als Trainer angeboten haben. Dieser lehnte aber ab und schickte ihn stattdessen zum SK Sturm, der gerade seine Sektion (wieder) aufbauen wollte. Letztlich wird Klein deren einziger steirischer Meister bleiben und aus dem Projekt einer großen Leichtathletikkonkurrenz vom Jakominigürtel für den GAK wird nichts ...
Nach 1945 ist Klein, der Offizier bei der Waffen-SS war, in der Steiermark jedenfalls omnipräsent und trainert teilweise mehrere Vereine. Robert Sukalia, später kurzzeitig Sektionsleiter, erinnert sich daran, dass Klein neben dem GAK gleichzeitig auch den Post SV, den Polzei SV, aber auch Vereine in der Obersteiermark trainierte (Kapfenberg, Donawitz). Den Leichtathletik-Granden der Athletiker war das wohl ein Dorn im Auge. Für Walter Margreitner war das unverständlich: Postsportler, die in der Nähe der Körösistraße gewohnt hätten, hätten einfach dort mittrainiert und umgekehrt GAKler, die in Eggenberg gewohnt hätten da. Übereinstimmend berichten Margreitner und Sukalia, dass letztlich die GAK-Funktionäre nicht wollten, dass Kleins erfolgreiche Trainingsmethoden auch anderen Vereinen zur Verfügung stehen. Darüber kam es zum Zerwürfnis und zur Trennung. Die Entscheidung wurde insofern mit Füßen getreten, als faktisch alle Leichtathleten des GAK 1956 zum Post SV wechselten – wieder einmal muss die Sektion neu aufgebaut werden …
Neben der Reiterkaserne in St. Leonhard, in der heute die Universität eingemietet ist, stand bis in die 1950er-Jahre noch die dazugehörige alte 900 m² große Winterreithalle (an deren Stelle wurden dann Wohnhäuser errichtet), die von der Reitschule Helmbrecht (später nach Gössendorf umgesiedelt) genutzt wurden. Dort fand 1952 – just am Tag von Walter Margreitners 21. Geburtstag – das erste steirische Hallen-Leichtathletikmeeting statt. Den 3.000 m Lauf gewann das Geburstagskind dann auch.
Nach dem Abgang von Klein fanden sich genau an der Stelle Robert Sukalia und sein Freund Gerhard Rues zum dem, vom Verein ausgeschriebenen, Wintertraining ein. Was sie nicht wissen ist, dass faktisch die gesamte Sektion in der Zwischenzeit zum Postsportverein gewechselt ist. Der Saal, in dem auch die Feldhandballer in der kalten Jahreszeit trainieren, ist zunächst dunkel, als das Licht anging war außer den beiden jungen Sportlern niemand im Raum ... Als neuen Trainer hat der Verein einen Ungarn namens Szentgörgyi engagiert, vom dem man sich aber schon recht bald wieder trennt. 1957 ist die Leichathletik bei den Athletikern wieder am Ende. Szentgörgyi wird danach Trainer beim Handballverein Westwien.
1958 entscheidet man im Hauptausschuss, dass die Sektion wieder aufgebaut werden soll, was gar nicht so einfach ist: die Anlagen in der Körösistraße müssen wieder hergerichtet werden, Geräte sind größtenteils nicht mehr vorhanden und beim Post SV gelandet. Man möchte sich aber auch mit den ehemaligen GAK-Funktionären dort nicht mehr auseinandersetzen. Unter dem neuen Sektionsleiter und Trainer Franz Kleindienst gibt es aber ab 1959 recht bald wieder sportliche Erfolge zu vermelden. Die Zahl der Aktiven steigt innerhalb von 1 ½ Jahren bis Ende 1960 von 3 auf 102. Es wird aber die letzte Generation von roten Leichtathleten sein. Robert Sukalia bleibt allerdings nicht lange dabei, er wechselt zum Judo und wird dort später auch Verbandsfunktionär.
Die Sprinterin Monika Kager gewinnt 1961 (100 m) und 1962 (200 m) jeweils den Staatsmeistertitel. Hans-Jörg Slavenitsch rangiert als Hochspringer und Mehrkämpfer an der österreichischen Spitze. Beide werden auch in das Nationalteam berufen. Slavenitsch wird später übrigens der „Erfinder“ der „Grazer Szene“ sein und führt ab 1967 in der Hilmteichstraße ein Kellerlokal namens „L'Equipe" (angeblich benannt nach dem Scotch aus der Bar seiner Eltern). Am Ende versuchen Verein und Sektion vergeblich noch in einer Arbeitsgemeinschaft mit dem Polizeisportverein das drohende Ende abzuwenden, nachdem Sektionsleiter Kleindienst den GAK verlassen hat. 1963, ein Jahr nach dem 60. Vereinsjubiläum, wird die Sektion, „vorübergehend eingestellt“, wie der Österreichische Leichtathletikverband lapidar mitteilt.
Eine Wiederkehr gibt es aber nicht mehr …
Fotos: Fischer/Sammlung GAK 1902, Sammlung Kubinzky, Sammlung Dr. Kostka/Dr. Reiter, Gerda Korp-Friebe
Titelfoto: Blick auf die unglaubliche Ausbeute an sportlichen Auszeichnungen eines Ausnahmeathleten – Ausschnitt vom Medaillentisch von Ferdinand Friebe © Gerda Korp-Friebe
Anrissfoto: Das letzte internationale GAK-Meeting – mit Gästen aus Deutschland (Polizei SV Braunschweig), Jugoslawien, Kärnten und Wien – ging am 15. und 16. Juli 1961 im Liebenauer Stadion über die Bühne – am Abend des 15. Juli wurde in diesem Rahmen noch das Rappan-Pokal-Spiel gegen den VfL Osnabrück (0:2) ausgetragen. Am Bild zu sehen ist die schnelle Österreicherin 1961 und 1962, Monika Kager, bei ihrem Sieg über 100 m © Fischer/Sammlung GAK 1902
Quelle: Robert Schmidt: Die Leichtathletiksektion, in. https://geschichtegak.jimdofree.com/sektionen-des-gak/leichtathletik/ (abgerufen am 9.11.2021)
Wir danken Gerda Korp-Friebe, Dr. Helga Kostka, Robert Sukalia und Walter Margreitner für Ihre Hilfe und Auskünfte!