GAK 1902 Aktuelles
News / Wolfgang Gruber / Donnerstag 20.05.2021

Vaclav Halama: Der Frühstarter

„Vaclav Halama ist ein Perfektionist.

Keiner, der mit Schaum um sich schlägt.

Er liebt harte Arbeit und begeistert sich

an vollendeter Balltechnik.“

(aus: Offizielles Jahrbuch des GAK 1980/81)

 

Eigentlich wäre Vaclav Halama – ebenso wie Hans-Ulrich Thomale – 2002 der Titel des Jahrhunderttrainers des GAK zugestanden. Aber die fünfjährige „Durststrecke“ in der 2. Division, die der Ostdeutsche 1995 mit dem Wiederaufstieg ins Oberhaus beendete, war vielen noch zu präsent, weshalb wohl die Fanwahl seinerzeit nicht auf den Tschechen, mit seiner sportlichen Erfolgsbilanz für den GAK, fiel. Der Cuptitel 1981, obwohl er eine Zäsur für den steirischen Fußball gewesen ist, war für viele schon zu „weit weg“, so wie auch sein Sohn Daniel in einem Gespräch meinte, dass die Trainerkarriere seines Vaters eigentlich „20 Jahre zu früh gewesen“ sei, einfach gemessen an den Möglichkeiten der späteren Zeit.

Vaclav (auf Deutsch: Wenzel) Halama wird am 4. November 1940 in Jablonec nad Nisou (Gablonz an der Neise) geboren und spielt schon mit 12 Jahren in der Jugendmannschaft von LIAZ Jablonec (der Verein wurde 1945 als ČSK Jablonec gegründet und heißt heute FK Jablonec) und mit Sechzehn bereits in der Kampfmannschaft. Der Verein steigt 1964 in die zweite tschechische Liga auf. Der Fußballer betätigt sich auch erfolgreich im Wintersport (Langlauf und Eishockey) – ein sportliches Multitalent.

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Obmann DI Kürschner begrüßt Vaclav Halama im November 1978 am Wiener Flughafen (© Foto Sundhofer Archiv Halama/GAK 1902)

 

Mit 18 Jahren ist Halama tschechoslowakischer Juniorennationalspieler (7 Einsätze) – auch hier ein Frühstarter. Weitere Stationen als aktiver Fußballer sind Dukla Tabor (1960/61), Banik Ostrau und der FC Uster (Schweiz, 1969/70). 1972 möchte der gelernte Maschinenschlosser aber die Seiten wechseln und auf die Trainerbank. Bei seinem Jugendverein LIAZ Jablonec trainiert er schon mit 26 Jahren Schüler- und Nachwuchsmannschaften, von 1971 bis 1973 ist er für die zweite Mannschaft des Vereins verantwortlich und unmittelbar darauf ist er als Assistent am Aufstieg der Kampfmannschaft in die erste Liga beteiligt.

Ausbildung an der Kölner Sporthochschule

Im März 1975 heiratet Halama in Tschechien seine deutsche Frau Sigrid (die er in Prag kennen gelernt hatte), stellt im Anschluss den Ausreiseantrag zwecks Familienzusammenführung, dem im Mai 1976 stattgegeben wird, und läßt sich dann in Köln nieder. Nachdem er noch in der CSSR seine Trainerprüfung abgelegt hat, geht er an die Sporthochschule Köln, um dort die Ausbildung zum Fußball-Lehrer zu absolvieren. Halama besteht die Prüfung am 13. März 1978 mit dem Gesamtergebnis „gut“ und war der erste – und lange Zeit der einzige – tschechische Staatsbürger mit einer deutschen Fußball-Lehrer-Lizenz.

In der Saison 1976/77 ist er Co-Trainer von Max Merkel beim FC Augsburg (2. Bundesliga Süd); Bad Godesberg und FC Waldbröl (oberbergisches Land) heißen die ersten Cheftrainer-Stationen bei unterklassigen Vereinen. Max Merkel – der sich sehr für Halamas Karriere einsetzte – kannte Dr. Fritz Allitsch, den ehemaligen Sektionsobmann und Ehrenpräsidenten des GAK-Fußball, und empfahl ihm dann Halama, nachdem der GAK Anfang November 1978 einen Nachfolger für Gerdi Springer sucht, der nach einem 1:5 gegen Wacker Innsbruck seinen Hut nehmen musste.

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Training mit den Torhütern Ekmecic und Benko, November 1978 (© Melbinger Sammlung Halama/GAK 1902)

 

Zunächst kursieren aber Namen wie Branko Elsner (später ÖFB-Teamchef), Felix Latzke (in der Vorsaison bei VÖEST Linz, später dann auch Teamchef), Arko Öczan (ehemaliger Torhüter u. a. bei Austria Wien von 1964 bis 1967 und gerade beim HSV entlassen worden), Georg Gawliczek (ehemaliger Schalke-Spieler, der dann bei Waldhof Mannheim unterschrieb und zwischenzeitig als großer Favorit galt) oder Ex-Real-Coach Milan Miljanic für den Posten. Dann kommt Vaclav Halama – zuerst noch als „Übergangslösung“ – ins Spiel; geworden sind es am Ende fast drei Saisonen!

GAK als erste große Trainer-Station

Nachdem Walter Kolzenik als Interimscoach in der Runde davor mit der Mannschaft noch ein 1:3 bei Rapid hinnehmen musste, gewinnt der Tscheche gleich seine erste Partie am 18. November 1978 gegen VÖEST Linz mit 3:0 (Tore: 2 x „Waschi“ Mertel, Leo Weiß) – er hatte erst am Vortag das erste Training geleitet –, sorgt für eine sportliche Konsolidierung und führt den Verein knapp 2 ½ Jahre später bis zum dahin größten sportlichen Erfolg. Auch in der Meisterschaft spielt der GAK in den Saisonen 1979/80 und 1980/81 eine gewichtige Rolle, wird aber in beiden Spielzeiten am Ende letztlich unter Wert geschlagen. Außerdem gewinnt der GAK 1979 erstmals das Grazer Hallenturnier. Beim letzten Heimspiel in der Saison 1980/81 (ein 4:2 gegen Admira-Wacker) erhält Halama für seine Verdienste noch die „Goldene Ehrennadel“ des Vereins überreicht (siehe Foto).

Nach diesem ersten großen Karriere-Erfolg kehrt er nach Deutschland zurück und übernimmt in der 2. Bundesliga den TSV 1860 München, u. a. mit Rudi Völler im Kader (siehe Bild mit Pele in der Fotogalerie). Aber schon im April 1982 kehrt er nach Österreich zurück und wird Trainer bei Austria Wien, wo er seine größten Erfolge feiert. Unter Halama erreicht die Mannschaft im Europapokal der Pokalsieger 1982/83 das Halbfinale und unterliegt dabei Real Madrid mit Alfredo di Stefano als Trainer (siehe Bild mit Juanito), nachdem man schon zuvor den FC Barcelona ausschalten konnte.

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Obmann Toni Kürschner ehrt Halama beim letzten Heimspiel 1981 mit der „Goldenen Ehrennadel des GAK"

 

1984 wird Halama mit den Wienern österreichischer Meister (1982 schon Cupsieger nach einem 6:5 im Elfmeterschießen im Halbfinale gegen den GAK!), verläßt jedoch den Verein am Saisonende (ihm folgt sein Assistent Thomas Parits) und wechselt zu AEK Athen nach Griechenland. Dort wird er bereits nach zehn Spieltagen, nach einer Niederlage im Lokalderby gegen den amtierenden Meister Panathinaikos, entlassen und kehrt Ende November 1984 nach München zum TSV 1860 zurück. Die Mannschaft spielt mittlerweile in der Bayernliga und Halama ist schon der dritte Trainer der Saison. Die Spielzeit beendeten die Löwen auf Rang elf. Im Jahr darauf führt der Tscheche die Löwen in die Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga, in der der Verein (schon mit einem anderen Übungsleiter) aber scheitert. In der Saison 1987/88 übernimmt Halama den FC Locarno in der zweiten Schweizer Liga. Nach einem guten dritten Platz in der Vorrunde wird der Verein letztlich im Aufstiegs-Playoff nur Achter und Letzter.

Comeback in der Körösistraße

Der GAK, der seit einigen Jahren sportliche und wirtschaftliche Probleme hat, holt seinen einstigen Erfolgstrainer für die Saison 1988/89 (mit einer Option auf eine weitere Saison) zu seinem „Herzensklub“ zurück, nachdem man schon ein Engagement für die Vorsaison versucht hatte. Stattdessen wird dann Adolf Blutsch engagiert, den im April 1987 Adi Pinter ersetzt und der dann selbst am Ende der Saison 1987/88 – nach einem fulminaten Herbst, aber einer desaströsen Frühjahrssaison – entlassen wird.

Die Mannschaft erreicht – im Gegensatz zum Stadtrivalen – wieder das Meister-Playoff, wird dort aber vor dem Wiener Sportclub nur Vorletzter und bereits sehr frühzeitig gibt Halama bekannt, „aus persönlichen Gründen“ wieder zurück nach Köln gehen zu wollen. Karl Philipp übernimmt zunächst mit dem „Steirischen Weg“ (dann folgen noch einmal Adi Pinter und Heinz Binder auf der Trainerbank) – der führt direkt ins Abstiegs-Playoff und am Ende für fünf Jahre in die zweite Division.

Nach seiner Trainertätigkeit übernimmt Vaclav Halama unterschiedliche Aufgaben in der Vermarktung von TV-Rechten in Osteuropa (auch hier als „Frühstarter“ direkt nach dem Fall des Eisernen Vorhangs) und im Management. Er arbeitete u. a. mit Miroslav Kadlec (FC Kaiserslautern), Pavel Hapal (Bayer Leverkusen und CD Teneriffa), Radoslav Latal (FC Schalke 04), Martin Frydek (Bayer Leverkusen) sowie Miroslav Baranek (1. FC Köln) zusammen und war Europa-Manager für Sigma Olmütz in Tschechien. Außerdem betätigte er sich als Co-Kommentator beim Tschechischen Privatsender TV Nova für die heimische Liga.

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Szene aus der Saison 1988/89: Derby gegen Sturm (1:0) in der „Gruabn“ (© Pail Archiv Halama/GAK 1902)

 

Seit seiner ersten Amtszeit beim GAK bis zum Karriereende hatte Vaclav Halama einen Ausrüstervertrag mit der Firma „Adidas“. Sein Sohn Daniel berichtet, dass den Vertrag noch Frau Dassler selbst unterschrieben hätte und damals beim Weltkonzern alles noch sehr familiär zugegangen wäre – im Gegensatz zu heute ...

2016 hatte Vacalav Halama, der auch noch nach seinem letzten Engagement in Graz weiterhin Kontakt mit dem Klub hielt, mit den 81er-Helden noch einmal einen großen Auftritt in Weinzödl. 2017 verstarb er dann im 77. Lebensjahr. Die GAK-Familie wird den Trainer des ersten Cupsiegs nie vergessen!

Ein Stück Klubgeschichte kehrt zurück nach Graz

Daniel Halama, der in Köln lebt, hat sich gemeinsam mit der Familie entschieden, den sportlichen Nachlass seines Vaters dem GAK 1902 zu überantworten – mit der Auflage ihn zu bewahren und ihn im Klubhaus in Weinzödl zu präsentieren. Darunter befinden sich u. a. die Cupsieger-Medaille aus 1981, die Goldene Ehrennadel des Vereins, zahlreiche persönliche Unterlagen, Geschenke, Fotos und Zeitungsartikel sowie Notizen und Anmerkungen zu Spielen und Spielern aus seinen beiden Perioden bei den Athletikern

Der Vorstand des GAK 1902 bedankt sich bei Herrn Halama und der Familie für die großzügige Überlassung der Exponate und wird das Andenken an eine seiner wichtigsten sportlichen Persönlichkeiten in Ehren halten!

Fotos: © Archiv Halama/GAK 1902, TSV 1860 München Archiv

Fotos

DER GRAZER STADTKLUB - gegründet 18.08.1902