GAK spielt Unentschieden gegen Rapid und gewinnt die Begeisterung zurück.
Klar, Haare kann man in jeder Suppe finden, wenn man sie nämlich entweder selbst hinein streut, oder einfach lange genug danach sucht: ob man nun meint, dass der GAK diese Saison kein Glück mit dem VAR hat, oder ob man findet, dass es zwei grandiose Halbzeiten braucht, nicht bloß eine brave und eine sehr gute, denn man ist ja nun einmal der GAK und andere haben kein Recht darauf, qualitätsvollen Fußball zu spielen, und wenn sie es dennoch tun, dann sind unsere Mannen zu schwach, zu wenig angriffslustig, falsch aufgestellt, miserabel trainiert oder leider nicht Barcelona und Real, weil nur das ist Fußball – und so weiter bis zum Erbrechen… ob man also all das meint, was mir an meine leider noch nicht ganz ertaubten Ohren flog, als der GAK am Sonntag ein ganz wunderbares Match gegen Rapid auf den Platz brachte, oder ob man meint, dass Kirchen in den Dörfern gelassen werden sollen, in die sie gehören und ob es nicht reicht, dass man nach vielen nicht so grandiosen Runden, in denen man immer mithalten konnte und doch nicht genügend Zwingendes auf den Platz brachte, als vielleicht gar nicht so verdienter Tabellenletzter ein tolles Match gegen den Ligazweiten spielte, das zeigte, wieviel man mit Willen und dem Drehen an kleinen Schrauben in kurzer Zeit erreichen kann – und das so den Anhängern etwas geben konnte, was zuletzt am Schwinden schien, nämlich Hoffnung auf Besserung und einen Nachmittag mit spannender Fußballunterhaltung, die die Sonne am Himmel auch in die Herzen der meisten Zuschauer zauberte: in beiden Fällen kann es nur einen Schluss daraus geben, dass nämlich die Grämlichkeit nicht über den Geist, der die fantastische und so noch nie dagewesene Reise dieser roten Truppe seit mehr als einem Jahrzehnt begleitet hat, siegen darf, denn schließlich macht ein Match wie das am vergangenen Sonntag einfach zu viel Freude, um sich aus Haaren in der Suppe einen dicken Strick zu drehen, an dem man natürlich nicht sich, aber unzählige andere aufhängen möchte.
Tja, Thomas Bernhard hätte das naturgemäß noch länger ausformuliert, aber lassen wir es dabei.
„0:4 oder 0:5 geht das aus“, meinte vor dem Match ein noch älterer Herr als ich zu seiner Begleitung und setzte nach: „Wenn es zur Pause nicht 0:3 steht, können wir uns glücklich schätzen.“ Der meilenweit bekannte GAK-Fan-typische Optimismus muss unsere Mannschaft jedenfalls aufs Äußerste inspiriert haben, denn die legte los wie die Feuerwehr, konnte nach etwa fünf Minuten zwei Eckbälle und zwei sehr große und eine passable Chance auf der Habenseite verbuchen. Zu einem echten Bilderbuchbeginn fehlte allerdings dann doch das Tor, das man nicht geschossen hat. So dauerte es bis zur zehnten Minute, bis Rapid sich einigermaßen befreien konnte und ebenfalls zu einem Eckball kam, der aber nichts einbrachte. Fünf Minuten später soll Maderner im Abseits gestanden sein, was die Fernsehbilder später dann doch eher widerlegen. Ist aber wurscht, denn getroffen hat er ohnehin nicht. Ehrlicherweise muss man zugeben, dass Rapid sich zusehends des Ernstes der Lage bewusst wird. Und da sich die Grünen nicht vom Tabellenschlusslicht vorführen lassen wollen, werden sie stärker und übernehmen das Kommando auf dem Spielfeld. In dieser Phase zeigt sich aber, dass in den letzten Trainingstagen ein paar der eingangs erwähnten Stellschrauben offensichtlich nicht ganz erfolglos gedreht worden sind, denn man stand im Großen und Ganzen recht souverän. Die Mannschaft vermittelte den von Neotrainer Poms angestrebten Eindruck, dass jeder Spieler wisse, was er zu tun habe und ließ sich auch von vielen kleinen, oft nicht geahndeten Fouls – beliebtes Opfer hier Christian Lichtenberger –, keineswegs aus dem Konzept bringen. Als die Grünweißen nach einer knappen halben Stunde den Druck weiter erhöhten kam es für die letzte Viertelstunde zu einer nahezu souverän abgearbeiteten Abwehrschlacht. Klar, Cheukoua wurde in der einunddreißigsten Minute im Strafraum gehalten und kam zu Fall, hier gilt, wie bei Rapid leider allzu oft: zu wenig für einen Elfmeter (man frage die Hartberger, die in der letzten Runde trotz ausgestrecktem Arm in Grün am Ball keinen Elfer erhielten). Die sechsunddreißigste Minute sieht eine Gottseidank eher kläglich vergebene Großchance für Rapid, ehe die letzten fünf Minuten der ersten Halbzeit endgültig Rapid gehören. Aber der Riegel hält – und das doch recht ruhig und sicher ausgeführt. Und der ältere Herr, der mir vor dem Spiel über den Weg gelaufen ist, freut sich wohl, dass es doch nicht 0:3 steht.
Der GAK kommt mit Schriebl, Vucic und Lang für Maderner, Cheukoua und Perchtold zurück und legt einen Gang zu. Ergebnis ist ein Abseitstor von Frieser, verdient, aber eben leider wirklich Abseits. Die Gegner wirken überrascht, dass die Roten mit derartiger Vehemenz aus der Kabine gekommen sind, und werden durch eine minutenlange Pause beschützt, die den Anfangsfuror bremst. Der Pyrorauch, der Pyrorauch aber auch… Während am Platz nicht ganz klar ist, warum hier irgendwer nicht klar sehen könnte, denn es ist – nun ja – klar alles zu sehen, scheint man am Fernsehschirm, der auch für den VAR ja so unendlich wichtig ist, zu wenig zu sehen. Sei’s drum, irgendwann – die Spieler haben sich mit Spaß und Spiel warm gehalten, die Rapidler blödeln ein wenig mit Schiri Pfister herum, kleine Späße unter Freunden wohl. Der GAK bleibt weiter giftig und ambitioniert (Monsieur Schriebl besonders, aber eigentlich sollte man gar keinen hervorheben). In der achtundsechzigsten Minute wechseln unsere Gegner mit Mamadou Sangare einen alten Bekannten ein und eine Minute später steht es verdient 1:0. Der Ball wird über rechts nach vor getrieben, kommt zu Lichtenberger, der sich mit etwas Mühe, aber toll gegen zwei Gegenspieler durchsetzt und aus etwa sechzehn Metern einfach wunderschön via Innenstange trifft. Der nachfolgende Jubel ist mit „unbeschreiblich“ dann doch recht passabel beschrieben.
Und dieses 1:0 fällt insgesamt in einer rührend sentimentalen Phase. Die Kurve hält Spruchbänder mit Dankesworten an Gernot Messner in die Höhe, nahezu das ganze Stadion steht auf und applaudiert – und in diesen verdienten Applaus für den Mann, der einige Kapitel des roten Märchens mitgeschrieben hat, fällt es, das oben beschriebene 1:0. Vom Applaus zum Jubel zum befreienden Brüllen in wenigen Sekunden. Im Gedenken an den alten Trainer erstrahlt das erste Erfolgserlebnis des neuen Herrn an der Linie. Fußball ist halt doch in seinen kitschigsten Momenten besonders schön.
Der GAK versucht das Momentum zu nützen und kommt zu guten Chancen. Der Gegner ist aber auch nicht gewillt, das Match aus der Hand zu geben und kurbelt weiter nach Kräften. Zwölf Minuten wird die Nachspielzeit betragen (der Pyrorauch, der Pyrorauch aber auch, Verletzungsunterbrechungen usw.). Fast ist man versucht zu sagen, es sei gekommen, wie es kommen musste. Denn beim Versuch, vor Noah Bischof an den Ball zu kommen, trifft Goalie Meierhofer den Ball nicht, der befindet sich ausgehend vom Kopf des Rapidlers schon auf dem Weg ins Torout, trifft stattdessen den Kopf von Noah Bischof von der Seite und Schiri Pfister pfeift Eckball, was natürlich auch falsch ist. Leider findet der VAR (mit dem Herrn Schüttengruber), das man hier hätte Elfmeter pfeifen sollen, was hart, aber regeltechnisch absolut möglich ist. Die Folge ist ein Elfmeter, den Beljo relativ mittig, aber flach und scharf in die Maschen jagt. Sagen wir es so: gegen Rapid wird der Elfer möglicherweise nicht gegeben (und bevor alle erregt sind, man frage nach bei Hartberg, aber das habe ich ja schon erwähnt, Teufel aber auch!).
Dass es immer noch schlimmer kommen kann, zeigt Burgstaller mit einem Tor in der mittlerweile ca. achtundneunzigsten Minute. Dankenswerterweise stand er dabei ein wenig, aber deutlich genug sichtbar im Abseits.
Etwa sechzehn Minuten dauern sie, die zwölf Minuten der Nachspielzeit, dann wird abgepfiffen und traurige rote Spieler, die wissen, wie nahe sie am ersten Saisonsieg gegen einen der großen Gegner dran waren, lassen ein wenig die Köpfe hängen.
Wird so weitergearbeitet, sollte es dazu in absehbarer Zeit wenig Grund geben. Ein hoch unterhaltsames, streckenweise richtig gutes Fußballspiel machte Freude und gibt Hoffnung auf bessere Zeiten. Und was sagt die Statistik? 24% zu 76% Prozent Ballbesitz sagt sie, zum Beispiel. Aber, das ist ganz egal, denn diese „Überlegenheit“ ist zwar in den Zahlen zu sehen, hat sich aber am Platz nicht gezeigt – und die Wahrheit liegt ja bekanntlich auf dem Platz.
Alfred Haidacher