Der GAK unterliegt Hartberg zuhause erneut mit 0:3.
Wenn einem die Worte fehlen, ist es besonders schwer, einen Beitrag zu erstellen, der ein Spiel aus Fan-Sicht zusammenfassen soll, das ebendiese Fans ratlos, verzweifelt, konsterniert, aber auch empört zurückgelassen hat. Daher hat schon die Überschrift auf die Worte eines anderen zurückgegriffen, dem laut eigener Aussage zwar auch die Worte mangelten, der dann aber ganz vernünftig und kurz die zwei unterschiedlichen Hälften des Spiels zusammengefasst hat. Petar Filipovic sprach im ersten Statement nach dem Spiel von einer „durchaus soliden Halbzeit“, womit er die erste meinte und dann von einer zweiten Hälfte, in der man so weit weg von den ganzen Dingen gewesen sei, dass das einzige analytische Wort, das ihm einfiel, „unerklärlich“ war.
Dabei hatte alles tatsächlich passabel begonnen. Schon in der dritten Minute war die Hartberger Verteidigung gezwungen, einen Ball auf der Linie zu klären. Auch wenn der Gegner versuchte, mit allen Mitteln ins Spiel zu kommen, ohne immer wieder einreißende „unerklärliche“ Konzentrationsschwierigkeiten („blöde Spielereien“ nannte sie ein Sitznachbar, aber der ist für seine strengen und nicht immer zutreffenden Urteile geradezu berüchtigt) hätte Hartberg wohl nicht viel zu melden gehabt. Eine erste „blöde Spielerei“ führte in der 12. Minute zu einem Gegenstoß, der mit einem Eckball, der nichts einbrachte, endete. Insgesamt darf man sagen, dass die erste Hälfte einen doch sehr solide spielenden und kämpfenden GAK präsentierte, der neben den leider obligaten, aber zuletzt seltener gewordenen, Passes aus der Verteidigung zum angreifenden Gegner, recht souverän agierte. Ein umtriebiger Daniel Maderner kämpfte sich viel über die Außenbahn(en) nach vor, passte dann dorthin, wo er sich selbst vermutete, aber aus einsehbaren Gründen nicht stand, so dass manche von ihm vielversprechend eingeleitete Aktionen wieder einmal nicht ihren Torabschluss feiern konnten. Dass der in Internetkommentaren meines Erachtens zu Unrecht viel kritisierte Kleinheisler in der 17. Minute früh verletzungsbedingt ausgewechselt werden musste, zeigte für ein paar darauffolgende Minuten, welches Druckmittel mit ihm verloren gegangen war, doch konsolidierte sich die Mannschaft rasch wieder. Und so kam es, sieht man von einem tollen Schuss durch Satin ab, den Raphael Sallinger in der 43. Minute zur Ecke entschärfte, wie es kommen musste. 0:0 stand es wieder einmal zur Pause. Aber die Gespräche auf den Rängen waren von positiver Stimmung getragen. Mit leichtem Zynismus vermerkte ein Gesprächspartner, dass man so gut im Spiel sei, dass das Spiel schlimmstenfalls wieder mit einem 0:0 enden würde.
Recht hat er, der Marco Perchtold, in seiner Analyse der zweiten Hälfte gleich nach dem Spiel. Die müsse man aufarbeiten. Wobei sich schon die Frage stellt, ob es nicht zu den Basics des Berufsfußballs gehört, dass ein Gegner, den man spielen lässt, dadurch stärker wird. Wie oft hat man, nicht nur in dieser Saison gehört, dass 90% nicht reichen, dass man immer mit 100% auf dem Platz stehen müsse, um zum Erfolg zu kommen. Warum man die zweite Halbzeit mit einem um geschätzte 30% zurückgeschraubten Einsatz begonnen und leider dann auch großteils weitergeführt hat, gehört zu den vielen ungelösten Rätseln, denen GAK-Fans immer wieder überraschend gegenüberstehen. Man beschränkte sich auf Begleitschutz, ließ Aggressivität gegen Ball und Gegner nahezu völlig vermissen und beschränkte sich auf Nadelstiche aus wie so oft nicht konsequent ausgespielten Kontern (sieht man von Satins Kunstschlenzer in der 52. Minute ab, der auf dem Tor landete, anstatt drinnen). Wie es anders geht, zeigte der zur Pause gekommene Patrik Mijic, der in der 58. Minute vor das Tor kam und diese erste zwingende Torchance der Hartberger auch verwertete. Gute zehn Minuten später schießt uns Avdijaj (der kleinste Mann in unserem Sechzehner) ein Kopfballtor. Dass wir schon nach dem ersten Tor, um das wir eine knappe Viertelstunde nahezu gebettelt hatten, auseinanderfallen („da brech ma a bissl auseinander“ formuliert es Marco Perchtold), dann „unerklärlich“ (Petar Filipovic) weiter zurückfallen und das zweite Tor durchaus verdient kassieren, wäre nach dem Verlauf der ersten Halbzeit den meisten der über 5000 im Stadion als unmöglich erschienen. Ein Schuss des weiterhin umtriebigen Murat Satin muss abermals von Sallinger entschärft werden (74. Minute), dann fliegt noch der eingewechselte Schriebl mit Rot vom Platz und in der letzten Minute der sechsminütigen Nachspielzeit fällt abermals durch Mijic noch das 0:3. Aber das ist zu diesem Zeitpunkt auch schon egal.
Dass es manchmal wirklich schwer sei, keine Satire zu schreiben, hat der römische Satiriker Juvenal, an der Jahrhundertwende zum zweiten Jahrhundert nach Christus lebend, gesagt, um zu zeigen, dass die Realität die Satire manchmal übertrifft, was er nicht zwingend positiv sah. Dass es sich für den Fan, der die Mannschaft auch bei einer schwächeren Leistung lautstark unterstützt, verbietet, sich witzelnd über das Gebotene zu erheben, ist selbstverständlich, auch wenn man manches des in diesem Match Geschehenen am besten mit den Mitteln der Satire umschriebe. Wenn man nach dem Match hört, dass man im nächsten Spiel schon am Freitag wieder gegen Hartberg ein anderes Gesicht zeigen müsse, die Energie wieder aufbringen müsse und die Fans wieder mitzunehmen habe, damit der Funke wieder überspringen könne, kann man sich des bitteren Lächelns dann doch nicht ganz erwehren. Ja, es hat Pfiffe nach dem Spiel gegeben (was beim GAK wirklich selten vorkommt), aber bis dorthin stand man aufopferungsvoll hinter der Mannschaft. Fans können laut sein, sie können Extraenergie beisteuern, aber die Basisenergie muss der Berufsfußballer schon selbst aufs Feld bringen. Dann ist die Unterstützung durch das mit seinem ganzen Herzen mitlebende GAK-Publikum automatisch gegeben.
„Unerklärlich“, auch bei Cheftrainer Feldhofer fällt dieses Wort, „warum wir zweite Hälfte komplett den Faden verloren haben, wo wir eigentlich, ja, nix mehr zusammengebracht haben.“ Es ist eine beunruhigende Analyse, dass man bis ganz nach oben in der sportlichen Hierarchie nicht weiß, warum der unleugbare Leistungseinbruch stattgefunden hat. Komplett draufzuhauen bringe allerdings nicht, so unser Cheftrainer. Er habe einfach darauf hingewiesen, dass wir in drei Tagen ein Revanchespiel haben. Möge sein Wort in Gottes Ohr Gehör finden. Und wieder fällt es schwer, keine Satire zu schreiben, wenn man hört, dass für Feldhofer Tor Nummer Zwei klar Abseits war, der VAR auch gecheckt habe, es aber nicht möglich gewesen sei, eine kalibrierte Linie zu ziehen, womit es bei der Entscheidung geblieben ist. „Wir sind schon in Liebenau, oder? Europastadion. Sehr verwunderlich für mich“, kommentiert unser Cheftrainer durchaus treffend, aber vor allem im Zusammenhang mit dem VAR in Österreich gilt: „Difficile est…“.
Ganz so streng wie der große Berliner Autor muss man es dann doch nicht sehen. Die Ballbesitzstatistik hat sich durchaus verbessert (58% zu 42%, ja, nützt nix, aber es ist schwer, keine Satire…, aber das hatten wir ja schon). Einzelne unserer Feldspieler konnten zudem über die volle Distanz durchaus überzeugen, weshalb sie es auch verdienen, extra genannt zu werden. Sadik Fofana, der sich einmal sogar verdiente Standing Ovations für eine Verteidigungsaktion abholte, ist eine Bereicherung. Murat Satin war für die einzigen zwei Schüsse des GAK verantwortlich, die auch das Tor trafen, er war aktiv und wollte bis zuletzt die Niederlage nicht zur Kenntnis nehmen. Und Jacob Italiano hat bis zum Schluss gerackert, gefightet, war gefühlt fast gleichzeitig rechts, links, hinten und vorne und hat vor allem dann, wenn ihm ein Fehler unterlief, sofort ein Energieschäuferl nachgelegt und den Lapsus in 99% der Fälle wieder selbst ausgebessert. Das können aber unsere anderen Spieler auch, weswegen wir am Freitag in Hartberg hoffentlich über die ganze Spielzeit eine Mannschaft sehen, die diese Scharte auswetzen will. Das Schlusswort gehört Edelfeder und -Fan Dieter Demmelmair, der am Morgen nach dem Spiel folgendes Facebook-Posting abgesetzt hat: „In meinem Lebenskreuzworträtsel steht: ‚Leidenschaft, die Leiden schafft (Abk.)‘. Das Lösungswort hat 3 Buchstaben…“ Fröhliches Raten!