Die letzten Wochen sind gut gelaufen. In Bezug auf die eigenen Resultate, und auch die Resultate der Verfolger waren so, dass man den Punktevorsprung ausbauen und einiges an Selbstvertrauen einlagern konnte.
Selbstvertrauen macht stark. Vieles gelingt wie von selbst. Aber Selbstvertrauen ist ein zerbrechliches Gefühl. Ein ungenauer Pass direkt in den Lauf des Gegners hebelt in der 30. Minute die eigene Verteidigung aus, der Ball landet über zwei Stationen in der Mitte des Strafraums beim gegnerischen Spieler Bischof, der aus zehn Metern Jakob Meierhofer mit einem hohen Schuss ins Eck keine Chance lässt. 1.0 für die Vienna. So benehmen sich Gäste normalerweise nicht, aber der Fußball folgt eigenen Gesetzen. Das Selbstvertrauen rollt sich ein und ist jetzt einmal dahin. Dabei hat das Spiel gar nicht schlecht begonnen. Die Vienna ist der erwartet starke Gegner, geht mit viel Tempo in den Ballbesitz des GAK und stört damit geschickt den Spielfluss. Dennoch ist es der GAK, der in der 20. Minute nach einem Traumpass auf Lenn Jastremski die Top-Chance auf die Führung bekommt, der Ball zieht aber am Tormann und auch am linken Pfosten haarscharf vorbei.
Nach dem oben geschilderten Führungstreffer der Gäste entwickelt sich ein ausgeglichenes Spiel mit vielen interessanten Szenen. Die Vienna möchte die Gunst des Augenblicks nutzen und nachlegen, der GAK mobilisiert alles, um wieder Zugriff aufs Spiel zu bekommen. Zu Großchancen kommt aber keine der beiden Mannschaften, also findet man sich bald in der Kabine wieder. Zum Pausengespräch.
Der GAK betritt danach unverändert den Platz, macht Druck und schon in der 49. Minute kommt der Ball nach einem Foul im Strafraum an Levan Eloshvili, das aber nicht gepfiffen wird, perfekt vor die Beine von Daniel Maderner. Den Schuss aus 10 Metern kann der Vienna Tormann gerade noch irgendwie auf der Linie abwehren. Glück ist kein verbindlicher Faktor im Fußball. Dennoch könnte man es gelegentlich auch haben. Heute aber bislang nicht.
Das hält sich zurzeit wie schon beim 1:0 auf der Seite der Gäste auf. Findet es lustig, dass die GAK Abwehr in der 53.Minute lässig herumspielt, bis der Ball bei einem Vienna Spieler landet und Köchl ihn wenig geschickt im Strafraum von den Beinen holt. Da sagt Peham danke, tritt zum Elfmeter an und setzt den Ball in die Mitte des Tores, die Jakob Meierhofer gerade eben verlassen hatte, um sich in eine der beiden Ecken zu werfen. 2:0.
Es dauert nicht lange, da läutet mein Telefon in der Jackentasche. Meine Eltern sind kränklich, ich will erreichbar sein, ich gehe also ran. Allerdings zeigt das Display, dass es mein Arzt ist, der anruft. Ich hebe nicht ab und stecke das Telefon wieder ein. Sekunden später signalisiert es mir aber, dass eine Whatsapp Nachricht gekommen ist. Ich lese sie. Sie ist von meinem Arzt. Ich habe dich im TV gesehen, schreibt er. Er will nicht, dass ich zum Fußball gehe. Er kennt mich und vor allem meinen Gesundheitszustand besser als ich selbst.
Aber ich kann ihm nicht helfen. Ich muss ins Stadion, bei jedem Spiel. Ganz gleich, wie ungesund das für mich ist. Und ich kann mir vorstellen, in welchem Zustand mein Arzt mich jetzt nach dem 2:0 gesehen hat.
Der GAK schafft es in der Folge nicht wirklich, vernünftige Abläufe in seine Spielzüge zu bringen. Einige Vienna-Spieler proben nach dem 2:0 für eine mögliche Karriere auf irgendeiner Kleinebühne oder als Statisten beim Film. Denn auffällig oft werden den Zuschauern Sterbeszenen vorgespielt, während die Match-Uhr gnadenlos weiterzählt. Der GAK nutzt diese Zeit, um einige Wechsel vorzunehmen.
Doch in der 75. Minuten ergibt sich endlich ein schöner Vorstoß der Rotjacken, Daniel Maderner wird im Strafraum gelegt und verwertet den Elfmeter sicher zum 1:2.
Nun ändert sich das Spielgeschehen. Das Selbstvertrauen rollt sich innerhalb des GAK wieder aus. Dazu zieht sich das Glück beim Gegner zurück und die Vienna wirkt verunsichert. Wahrscheinlich denken sie an das Heimspiel im Herbst, als man ebenfalls 2:0 führte und trotzdem noch als Verlierer vom Platz schlich.
Aber irgendwie schaffen die Döblinger es, den knappen Vorsprung zu halten. In der letzten Sekunde der regulären Spielzeit setzt Gabriel Zirngast den Ball weit übers Tor.
Jetzt haben die Schauspieler in der Vienna Mannschaft aber noch für ihre Probeneinlagen zu bezahlen. 4 Minuten gibt’s vom Schiri Emil Ristoskov noch dazu. Und nach einer Vorlage vom eingewechselten Murat Satin knallt Michael Cheukoua den Ball in der angebrochenen 95. Minute unhaltbar zum 2:2 in die Maschen. Jetzt sollte mich mein Arzt sehen, denke ich. In derselben Sekunde gibt’s den Schlusspfiff.
Ein herausfordernder Abend für Spieler und Fans ist zu Ende. Das Gefühl, eine verloren geglaubte Partie noch einmal ausgegraben zu haben ist motivierend und stärkend. Für alle Beteiligen, außer den Gegner natürlich.
Rosso!