GAK 1902 Aktuelles
News / Alfred Haidacher / Sonntag 11.04.2021

„Sunday morning and I’m falling“

 So sang Nico 1967 mit den Velvet Underground. Immer wieder hämmerte diese Zeile in meinem Kopf, während der GAK gegen Blau-Weiß Linz unterging. „I’ve got a feeling I don’t want to know“ lautet die nächste Zeile des Songs, die sehr gut den Zustand des Berichterstatters nach den - inklusive Nachspielzeiten - knapp 97 Minuten an diesem Sonntagvormittag zusammenfasst. In sehr kurzen Worten: Blau Weiß Linz: GAK 5:0

Ich erinnere mich noch sehr gut an den 6.9.2015, als der GAK an einem schönen, sonnigen Sonntagvormittag den LUV auf dessen eigenen Platz in der 90. und 95. Minute durch Tore von Laurenz Sacher und Jonas Koch noch mit 3:1 schlug. Das Spiel hatte um 10 Uhr 30 begonnen. Dann folgten die wahrscheinlich schlechtesten 90 Minuten seit der Neugründung und der unbefriedigendste Sieg seit dem 2:1 auf der Gugl gegen – jawohl – Blau-Weiß Linz, als gleichzeitig Hartberg… Nein, das tut jetzt zu weh.

Aber könnte das etwa bedeuten, dass der GAK traditionell an Sonntagvormittagen nicht bereit ist, an seine Grenzen zu gehen? Was damals noch gut gegangen war, ging diesmal gegen einen ambitionierteren und hochklassigeren Gegner allerdings ordentlich schief. Und so folgen nun:

Die Qualen des Rekapitulierens

Nach Anstoß durch den GAK folgt die erste Torannäherung der Linzer, die zu einem Eckball führt. Der kommt an die kurze Ecke, wo Schubert verlängert und der völlig freistehende Strauss nach ziemlich genau sechzig Spielsekunden einschiebt. Man darf fragen, warum der mit großem Abstand in der Torschützenliste führende Fabian Schubert ziemlich mühelos und nicht wirklich bedrängt in die Luft steigen darf, und der durchaus torgefährliche Verteidiger Fabio Strauss in der Mitte völlig alleingelassen wurde. Aber auch wenn man nach diesem Geschenk mit einem Rückstand ins Spiel startet, es dauert ja wohl noch gut 90 Minuten, da kann viel geschehen. Und es wird auch viel geschehen, leider nahezu alles zu Ungunsten des GAK.

In der 8. und 14. Minute folgen die nächsten gefährlichen Situationen vor unserem Tor. Bis dahin, so muss man sagen, sind wir „nicht im Spiel.“ Nach einer Viertelstunde allerdings ein Weitschuss von Perchtold aus der Kategorie „auch nicht schlecht“, dann ein Kopf gegen Kopf Duell zwischen Mitrovic und Weberbauer, das den Linzer für ein paar Sekunden benommen am Boden liegen lässt. In der 20. Minute bringt ein zu schwacher Rückpasskopfball von Pfeifer Goalie Nicht in höchste Bedrängnis, er kann aber klären.

Erst in der 21. Minute ein gut gespielter Angriff des GAK, wo so etwas wie Plan, Spielwitz und Qualität aufblitzen, aber Gabbichler bekommt den Ball im Fallen und aus der Drehung nicht scharf genug aufs Tor. Vielleicht, so möchte man hoffen, sind wir jetzt im Spiel angekommen, aber nein, gleich drei Minuten später ist die Abwehr wieder unsortiert, doch Fink kann klären. Wieder vier Minuten später ein erneutes Abwehrblackout und ein gewisser Herr Schubert hat wenig Mühe, das 2:0 zu erzielen. Unnötiges Geschenk Nummer Zwei. Dem folgt so etwas wie ein Mini-Aufbäumen der Roten, wenn auch ohne echten Nachdruck. Perchtold auf Zubak (33. Minute), ganz toller Pass, aber die Linzer zeigen uns, wie man gut verteidigt. Dass wir richtig gut Fußball spielen könnten, beweist die Mannschaft zum Beispiel in der 38. Minute, als man ruhig und sehenswert von hinten herausspielt, bloß um vorne keine Gefahr erzeugen zu können.

In den letzten 5 Minuten der ersten Halbzeit übernehmen die Linzer das Kommando wieder deutlicher, zeigen in drei Minuten dreimal, wie man mit Einsatz den Gegner zu Fehlern zwingt und gefährliche Situationen für die eigenen Mannschaft erkämpft.

Im Gegensatz dazu zeigt der GAK bei einem Eckball in den letzten Sekunden von Hälfte Eins, wie man es ganz bestimmt nicht machen soll. Uns bleiben nur Sekunden, aber wir spielen den Eckball kurz ab, um in der Folge so lange um den Strafraum zu eiern, bis dem Schiri fad wird, und er die Mannschaften in die Pause schickt.

Manchmal stirbt die Hoffnung sehr früh

Unsere Mannschaft will nach der Pause zeigen, dass noch einiges möglich ist. Die Verteidigung wirkt in den ersten Minuten stabiler, die Angriffsbemühungen wirken durchdachter, aber vor allem mit mehr Nachdruck, mehr Willen ausgeführt. Hoffnung keimt da durchaus auf, aber in der 64. Minute zeigt BW wieder einmal, wie man mit einem einzigen langen Ball unsere ganze (in diesem Augenblick sehr hoch stehende) Abwehr überbrückt und Fabian Schubert umkurvt den letzten (nein einzigen anwesenden) roten Verteidiger und erzielt souverän das 3:0. Derselbe Schubert kann drei Minuten später aus 25 Metern völlig unbedrängt abziehen und der Ball landet rechts unten in unserem Tor. Dann dauert es ganze sieben Minuten bis Kostic das 5:0 erzielt. Auch das geht recht einfach. Dazwischen hatte Harrer in der 71. Minute unsere einzige richtige Chance im Spiel, konnte aber den Ball etwa sechs Meter vor dem gegnerischen Tor nicht ordentlich treffen. BW tut das Nötigste, bei uns werden Kiedl, Asemota und erstmals Jandrisevits eingewechselt. Bei Asemota und Jandrisevits erkennt man Kampfeswillen, bei Kiedl, dass er größer ist als der Linzer Goalie. Dann wars das.

„Herr Haidacher, wo bleibt das Positive?“

„Ja, weiß der Teufel, wo das bleibt.“ So hat Erich Kästner in einem seiner Gedichte auf obige an ihn gerichtete Frage geantwortet, und man muss sagen, die Antwort des Dichters deckt sich mit der Antwort des Berichterstatters auf ebendiese Frage.

Es sei denn, wir erkennen an, dass man sehen konnte, dass ein Spielplan existiert hat (höchst selten), dass man bemerken konnte, dass die Mannschaft es viel besser könnte (hin und wieder) oder, dass wir auch einen Elfer hätten kriegen können (der Gegner aber auch). Oder wir geben zu, dass Goalie Nicht noch am relativ wenigsten für die fünf Gegentore kann (macht das Kraut auch nicht fett). Oder wir freuen uns, dass ein ehemaliger GAK-Torschützenkönig (Ronald Brunmayr) als Trainer der Linzer einen hohen Sieg eingefahren hat (fällt schwer).

Wenn man wohlwollend ist

Wenn man wohlwollend ist, könnte man sagen, dass die Kaderdecke schon etwas ausgedünnt ist und neben den fehlenden Rosenberger, Hackinger, Nutz und Palla diesmal auch der gelbgesperrte Gantschnig vorgegeben werden musste. Man könnte sagen, dass auch das eine Erklärung für die sehr wechselhafte Qualität der Auftritte unserer Mannschaft ist.

Wenn man ehrlich ist

Wenn man aber ehrlich ist, so muss man sich wohl eher fragen, warum wir nach eineinhalb recht ordentlichen Spielen immer wieder sichtlich nur mit halber Kraft ins nächste Spiel gehen. Wobei es uns nie gelingt, wenn wir durch diesen gewissen Schlendrian in Rückstand geraten sind, den Hebel umzulegen und auf Vollspeed umzuschalten. Oder wir fragen uns, was wir gegen die „Sunday Morning Haziness“ (oder „Sunday Morning Laziness“) – falls es denn daran liegen sollte – tun wollen. Oder ist es so, dass wir uns damit zufriedengeben, mit Van Morrisson zu singen: „Oh, my mama told me, there’ll be days like this“? Hoffentlich nicht mehr viele, möchte man anmerken.

Alfred Haidacher

Fotos: (c) GEPA pictures

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