GAK 1902 Aktuelles
News / Wolfgang Gruber / Mittwoch 19.06.2024

„Zum Ruhme des Sports"

Vor 100 Jahren traten zum ersten Mal SportlerInnen des GAK beim Olympischen Spielen an – insgesamt waren es bisher sieben, wobei der Schwimmer Gert Kölli zwei Mal unter den fünf Ringen startete.

„Wir schwören, dass wir an den Olympischen Spielen als ehrenwerte Kämpfer teilnehmen, die Regeln der Spiele achten und uns bemühen werden, ritterliche Gesinnung zu zeigen, zur Ehre unseres Vaterlandes und zum Ruhme des Sports.“ So lautete der ursprüngliche, mittlerweile aber modifizierte Olympische Eid für die teilnehmenden Sportler, den bisher sieben GAK-Athletinnen und Athleten (einer davon zwei Mal) gesprochen haben.

Die Olympische Idee – die auf die mehr als 2.000 Jahre alten antiken Spiele in Griechenland zurückgeht und 393 n. Chr. von den Römern verboten wurden – begann schon weit vor den ersten Spielen der Neuzeit 1896, sondern im Kern bereits im 16. Jahrhundert. 1766 wurden die ehemaligen Sport- und Tempelanlagen in Olympia wieder entdeckt, dadurch startete eine Antiken-Rezeption und damit auch die Wiedererweckung des Olympischen Gedankens. Der Franzose Pierre de Coubertin war letztendlich mit der Gründung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) und dem ersten Olympischen Kongress 1894 in Paris die treibende Kraft bei der Umsetzung. Auch wenn das Österreichische Olympische Komitee (ÖOC) erst 1906 gegründet wurden, gab es dennoch schon bei den drei ersten Sommerspielen (Athen, Paris, St. Louis) heimische Beteiligung.

Nach der kriegsbedingten Pause gab es 1924 die zweiten Spiele in der Zwischenkriegszeit. Paris war nach 1900 zum zweiten Mal Austragungsort. Die Eröffnungsfeier fand 24. Mai statt, die Schlusszeremonie am 27. Juli. Herausragende Sportler waren der Schwimmer Johnny Weissmüller (im Jahr davor Gast beim internationalen Schwimm-Meeting des GAK) und der finnische Läufer Paarvo Nurmi. Unter den österreichischen Vertretern finden sich zwei Namen aus Graz:

Ferdinand Friebe

Die prägendste Persönlichkeit der steirischen Leichtathletik in den „Goldenen Zwanzigern“ war der Mittelstreckenläufer Ferdinand Friebe, der mit 18 Staatsmeistertiteln (800 bzw. 1.500 m, zwei Staffeln) zwischen 1913 und 1930 sowie gut 20 nationalen Rekorden, gleichzeitig auch erfolgreichster GAK-Leichtathlet ist. Um 1910 wird sein Talent bei einem Mittelschüler-Meeting entdeckt; 1912 gelingt sein fulminanter Durchbruch beim ersten Grazer Crosslauf. 1913 folgt der erste Staatsmeistertitel und die erste Nominierung für das Nationalteam (gemeinsam mit zwei Klubkollegen) für einen Länderkampf gegen Ungarn. Aber nicht nur er, sondern auch seine Brüder Wilhelm (1922 – gemeinsam mit Ferdinand) und Hans (1935) trugen sich in österreichische Meisterlisten ein. Das ist einzigartig in der heimischen Leichtathletikgeschichte.

Ferdinand Friebe wird am 2. Februar 1894 in Graz geboren, sein Vater Adolf führte seit 1883 ein Mechanikergewerbe (an 1907 auch Elektroinstallationen), seit 1896 auch am bekannten Standort Sporgasse 26. Nach dem Tod des Firmengründers übernimmt die Witwe den Betrieb. Schon kurz nach bestandener Matura muss Ferdinand an die Ostfront und kommt 1918 aus dem Krieg zurück (1942 wird er nochmals einrücken). In weiterer Folge legt er die Meisterprüfung ab. Nach dem Tod der Mutter Johanna 1943 leiten Ferdinand und Hans das Unternehmen dann alleine. Seine Nachfahren führen die Firma bis heute weiter.

Ludovica Sölkner
Die Wasserspringerin Ludovica Sölkner war 1924 die erste steirische Olympionikin © Sammlung GAK 1902

Neben der Teilnahme an den Deutschen Kampfspielen 1922 (Berlin) und 1926 (Köln) war wohl die Qualifikation für Paris der sportliche Karriere-Höhepunkt. Allerdings schied der Mittelstreckenspezialist am 9. Juli 1924 als Dritter in seinem Vorlauf aus, weil er seine Bestleistung nicht abrufen konnte. Olympiasieger wurde am Ende Paarvo Nurmi!

Schon während seiner aktiven Karriere hat Friebe sich als Funktionär betätigt und führte in der Zwischenkriegszeit die Leichtathletiksektion, die damals zu den stärksten Österreichs zählte. Unter anderem war er 1919 an der Initiierung des Staffellaufs „Rund um den Schloßberg“ beteiligt. Daneben übte der Sportler auch Funktionen in diversen Verbänden aus (u. a. als Vizepräsident des Österreichischen Leichtathletikverbandes); in der NS-Zeit ist er steirischer Kreisfachwart. 1960 wird Friebe mit dem Goldenen Verdienstzeichen der Republik ausgezeichnet und 1962 zum Bürger der Stadt Graz ernannt. Er stirbt 86jährig am 30. März 1980 in Graz.

Ludovica Sölkner

Neben dem Leichtathleten Friebe war 1924 mit der Wasserspringerin Ludovica „Viki“ Sölkner erstmals auch eine Steirerin bei einer Olympiade – die erste von bisher drei Wassersportlerinnen der Athletiker. Sölkner wurde am 8. Dezember 1905 in Graz geboren und hatte zwei Brüder. Ihr Vater August war von Beruf Hausmeister, die Mutter hieß Theresia. Ihre erste Erfahrungen im Schwimmsport bekam sie noch als Mitglied des heutigen ATG, unter anderem nahm sie 1919 am ersten Schwimmwettkampf „Quer durch Graz“ in der Mur teil.

Der Meisterspringer und Sektionsleiter des GAK, Robert Köllner führte in der Zwischenkriegszeit neben Alfred Traninger, auch Ludovica Sölkner zu einer österreichischen Spitzenspringerin.

Sie wurde (wie ihr Mentor Köllner) 1923 österreichische Staatsmeisterin im Kunstspringen und war auch in Beckenwettbewerben (zweifache Staatsmeisterin Damenlagenstaffel) sowie in der Leichtathletik (jeweils 3. Plätze bei der Staatsmeisterschaft 1923 im Kugelstoßen und 100-m-Sprint) eine erfolgreiche rote-weiße Allroundsportlerin. Die mehrfache steirische Meisterin war bis Anfang der 1930er-Jahre im Sprungsport aktiv und bis dahin auch noch regelmäßig im Nationalteam (u. a. siegte sich 1931 im Länderkampf gegen Ungarn)

Für die 19jährige Grazerin war das Antreten bei den Olympischen Spielen eine große nervliche Belastung. Das „Lampenfieber“ und eine Formschwäche sorgten dafür, dass am Ende nur ihr letzter Sprung im Vorkampf des Kunstspringens (3-m-Brett) gut funktionierte und sie schließlich – wenn auch nur knapp – das Finale nicht erreichte.

1935 heiratete Sölkner den Vereinskollegen Rudolf M. Ditmar. Im gleichen Jahr wurde noch die gemeinsame Tochter Susanne geboren, die in den 1950ern auch für den GAK als Schwimmerin erfolgreich war (Staatsmeisterin, Brust-Rekordlerin). Die Ehe wurde schon 1937 geschieden. Nach einer Schneiderlehre während des Zweiten Weltkriegs trat sich nach 1945 in den Dienst des Magistrats Graz. Als Amtsrätin ging Sölkner 1967 in Pension und verstarb am 28. September 1983. Ihr Grab befindet sich am St.-Peter-Stadtfriedhof.

Hans Volckmar

1924 gab es in Chamonix erstmals Winterspiele – 1964 und 1976 fanden diese auch in Österreich (Innsbruck) statt. Der bisher einzige Athlet, der bei einer Winterolympiade angetreten ist und in Verbindung mit dem GAK steht, ist Hans Volckmar.

Der am 6. Oktober 1900 in Graz geborene Sportler war Anfang der 1920er-Jahre dreifacher Leichtathletik-Staatsmeister (Mehrkampf, Kugelstossen). Er kam ebenfalls vom heutigen ATG zum GAK und betrieb auch Schwimmsport (1927 nahm er beispielsweise bei einem Schauspringen in Judenburg teil). Der 17fache steirische Meister und mehrfache Rekordler machte sich aber schon recht bald im Wintersport einen Namen. Zunächst als Rodler (Ein- und Zweisitzer) und dann als Bobfahrer gewann er vier nationale Titel – ganz in der Tradition der Athletiker im Wintersport, die schon während des ersten Gründungsjahrzehnts große Erfolge im Eiskanal verzeichnen konnten (u. a. Carl Markel, Stanger-Brüder, Dr. Zsak, Dr. König). Mit seinem Bremser Anton Kaltenberger (1904 – 1979) gewann Volckmar 1931 bei der Zweierbob-WM im deutschen Oberhof die Bronzemedaille. Ein Jahr davor nahm bereits ein GAK-Viererbob mit Steuermann Peter Heidinger und Bremser Otto Rosner an den Welttitelkämpfen in Caux bei Montreux teil, nachdem Heidinger 1929 Dritter bei den österreichischen Staatsmeisterschaften im Fünferbob wurde.

Bei den Spielen vom Garmisch-Partenkirchen traten Volckmar und Kaltenberger nochmals an. Die Wertungsläufe wurden am 14. und 15. Februar 1936 auf einer 1,5 km langen Strecke ausgetragen – nur im zweiten von insgesamt vier Durchgängen konnte der Bob Österreich II eine halbwegs konkurrenzfähige Zeit erzielen. Volckmar und Kaltenberger landeten als Neunzehnte im geschlagenen Feld (Bob Österreich I wurde Dreizehnter). Insgesamt traten 22 Mannschaften aus 13 Ländern an.

Für die Winterspiele 1936 stand mit Helga Dietz-Schrittwieser (WM-Teilnehmerin 1935) auch eine GAK-Eiskunstläuferin im nationalen Auswahlkader, wurde aber letztlich nicht nominiert.

Franz Brunner & Walter Reisp

Im selben Jahr fand auch die Sommerolympiade in nationalsozialistischen Deutschland statt. In Berlin mit dabei waren auch die beiden GAK-Feldhandballer Franz Brunner und Walter Reisp. Der Klub war ab Mitte der 1930er-Jahre bei Männern und Frauen jeweils einer der führenden Mannschaften in Österreich. Die Herren standen regelmäßig im Finalspiel um die Meisterschaft, der erste Titel sollte aber erst 1941 bzw. 1946 gelingen. Reisp (1910 – 1993) begann beim GAK als Fußballer, Brunner (1913 – 1991) war auch als Leichtathlet aktiv.

Feldhandball selbst war nur bei diesen Spielen olympisch. Hallenhandball wurde erst Jahrzehnte später ins Wettkampfprogramm genommen (Männer 1972, Frauen 1976). Die sechs teilnehmenden Teams wurden in der Vorrunde auf zwei Gruppen aufgeteilt. Österreich spielte in Gruppe B gegen Rumänien und die Schweiz. Beide Spiele wurden deutlich gewonnen (18:3 bzw. 14:3). Im Spiel gegen Rumänien traf Reisp vier Mal. In der Endrunde waren neben Österreich und der Schweiz, noch Gastgeber Deutschland und Ungarn vertreten. Die Spiele gegen die Eidgenossen und den östlichen Nachbarn gingen klar zugunsten der Österreicher aus. Am 14. August 1936 wurde nun das entscheidende letzte Gruppenspiel im Berliner Olympiastadion vor 100.000 Zuschauern ausgetragen. Nach einem 5:3 zur Pause siegten die Deutschen am Ende 10:6 und waren Olympiasieger. Reisp spielte bei den Silbermedaillengewinnern insgesamt drei Mal, Brunner lief in zwei Partien auf. Im Rahmen des Meisterschaftsspiels gegen den Donawitzer SV am 23. August kam zu einer öffentlichen Ehrung der beiden zurückgekehrten Sportler durch den Verein am GAK-Platz.

Ferdinand Friebe und Hans Volckmar
Olympiateilnehmer Ferdinand Friebe (Paris 1924, links) und Hans Volckmar (Garmisch-Partenkirchen 1936, rechts)

Beide Spieler wechselten 1938 mit dem Großteil der GAK-Kampfmannschaft zur SS-Sportgemeinschaft Graz und spielten nach 1945 nicht mehr für den GAK. Mit Wenzel Fiala und dem Torhüter Franz Hüttler gab es zwei weitere „Olympiakandidaten“ für 1936. Letztgenannter wurde mit einem weiteren rot-weißen Handballer, Walter Klaus, 1937 Studenten-Weltmeister. Auch Klaus gehört zu jenen Spielern, die zur SS-Sportgemeinschaft abgewandert sind. Mit dem Schwimmer Hermann Flaschka und dem Fußball Franz Frisch (dem Vater von Erich) standen weitere GAK-Sportler in der engeren Auswahl für Berlin, wurden am Ende aber nicht berücksichtigt.

Gert Kölli

24 Jahre mussten vergehen, bis wieder ein GAK-Athlet bei Olympischen Spielen in seiner Spezialdisziplin teilnehmen konnte. Am 31. Mai 1957 durchbrach Gert Kölli als erster Österreicher mit 59,7 Sek. die Schallmauer von einer Minute auf 100 m Freistil. 1960 schied er bei seiner ersten Olympia-Teilnahme in Rom auf dieser Strecke im Vorlauf aus, vier Jahre später erreichte er immerhin ein B-Finale – diesmal aber in 400 m Freistil! In seiner – freilich hart umkämpften – Paradestrecke reichte es wieder nicht über den Vorkampf hinaus. Er wurde im 7. Vorlauf in 56,5 Sekunden Vierter.

Gert Kölli ist mit insgesamt 26 Staatsmeistertiteln (vor Leichtathlet Ferdinand Friebe) und mehr als 30 österreichischen Bestleistungen der erfolgreichste Einzelsportler des Klubs überhaupt. Er stand gleichermaßen im Schwimm- und Wasserball-Nationalkader. Der 2016 77jährig verstorbene Sportler war neben seinen beiden Olympiateilnahmen vier Mal bei Europameisterschaften (1958, 1962, 1966 und 1970). Sein mittlerweile ebenfalls verstorbener Bruder Horst und sein Sohn Oliver (beim GAK-Fußball auch kein Unbekannter) waren ebenso im Schwimmsport aktiv.

Nach der Auflösung der Wasserballsektion – der GAK war 1970 und 1971 als erster Verein außerhalb Wiens österreichischer Meister geworden – spielte er mit dem Großteil der erfolgreichen Mannschaft beim ATSE weiter und gewann dort weitere Titel. 1970 standen – mit Kölli an der Spitze – insgesamt sieben GAK-Spieler im österreichischen EM-Aufgebot.

Uschi Seitz

Unsere nächste Protagonistin wäre eigentlich auch eine mehrfache Olympionikin: 1960 erreichte sie als 12jährige (!) das Limit, wurde aber aufgrund ihrer Jugend nicht nominiert und acht Jahre später erwartete Uschi Seitz ihr erstes Kind. So bleibt Tokio 1964 als einzige Teilnahme in ihrer sportlichen Vita – sie ist dabei eine von 36 österreichischen SportlerInnen in Japan und erreichte über 100 m Rücken den 26. Endrang, kam also in keinen der Finalläufe.

Wie ihr Pendant Gert Kölli ist sie die bisher erfolgreichste Einzelathletin des GAK (vor der Leichtathletin Ludmila Dunst) und pulverisierte als Teenager mehrfach die österreichischen Bestleistungen auf der Rückenstrecke (u. a. die 100 m zwischen 1962 und 1965 gleich mehr als ein Dutzend Mal)! 1962 und 1966 nimmt sie noch an Europameisterschaften teil.

Aktuell kam GAK-Wasserspringer Dariush Lotfi (mehrfacher WM- und EM-Teilnehmer, zig-facher Staatsmeister) einer Olympia-Teilnahme an nächsten – er scheiterte aber für 2021 und 2024 jeweils an der Qualifikation.

Fotos: © Fischer/Sammlung GAK 1902, Archiv GAK 1902

Titelfoto: Der zweifache Olympionike Gert Kölli (1940 – 2016) © Fischer/Sammlung GAK 1902

Anrissfoto: Gert Kölli (links) und  Uschi Seitz bei den notwendigen Impfungen im Grazer Gesundheitsamt für Tokio 1964 © Fischer/Sammlung GAK 1902

Quellen: Robert Schmidt, https://geschichtegak.jimdofree.com/, Österreichisches Olympiamuseum, https://www.olympia.at/museum/ – Stand: 2024

DER GRAZER STADTKLUB - gegründet 18.08.1902