Eine Sperre des Grazer Athletiksport Klubs trägt wesentlich zur Gründung des Deutsch-alpenländischen Fußball-Verbandes bei und somit auch indirekt zur Gründung des Steirischen Fußballverbandes.
Die Gründung des Deutsch-alpenländischen Fußball-Verbandes im Jahr 1911 ist eigentlich bekannt und wurde schon von vielen Seiten beschrieben. Am 2.7. kam es ja in Graz zur Gründungsversammlung dieses Verbandes im Hotel "Goldene Birne", dem heutigen Parkhotel. Daran erinnert sogar eine Gedenktafel am Hotel. Repräsentanten folgender Vereine waren anwesend: Grazer Athletiksport-Club, Deutscher Athletiksportclub „Eiche“ Cilli, Marburger SV, Knittelfelder SV, FC Schwarze Elf Judenburg und des FC Lustenau.
Aber was waren eigentlich die Beweggründe für die Gründung des Deutsch-alpenländischen Fußball- Verbandes?
Zunächst einmal die allgemeine Unzufriedenheit der „Provinzvereine“ mit dem Österreichischen Fußballverband, der ja in Wahrheit nur aus Wiener Vereinen bestand und sich daher vorwiegend um Wiener Probleme kümmerte. Und deren gab es unzählige. Nicht nur, dass es immer wieder zu Raufereien unter den Spielern selbst kam, auch die Zuseher verwechselten oftmals den Fußballplatz mit einer Festzeltrauferei. Auch waren überregionale Verbandsentscheidungen zumeist sehr intransparent und bevorteilten grundsätzlich die Interessen einiger Wiener Vereine.
Es gärte daher schon lange im Österreichischen Fußballsport. Nur mühsam konnte man Skandale, Ausschreitungen und andere Unerfreulichkeiten unter der Bettdecke halten. Am 19.10.1901 wurde in Prag der Böhmische Fußballverband gegründet und schon krachte es ganz anständig im Wiener Gebälk. 1904 kam es in Wien selbst zu Problemen mit dem damaligen Verband (Österreichische Fußball- Union), der dazu führte, dass der First Vienna Football Club und der Vienna Cricket and Football Club einen eigenen Verband gründeten, nämlich den Österreichischen Fußball Verband (Oe.F.V.).1 Allerdings konnten nur Klubs beitreten, die in der damaligen höchsten Spielliga agierten. Die wirklichen Probleme zwischen den Wiener Vereinen und den Provinzvereinen im damaligen Kaiserreich konnte und wollte allerdings auch dieser Verband nicht wirklich lösen.
Anlässlich der Generalversammlung des Oe.F.V. am 31.1.1906 nahmen die Delegierten die Mitteilung zur Kenntnis, dass Slavia Prag und Sparta Prag aus Protest gegen Verbandsentscheidungen aus dem Verband ausgetreten sind. In einer Aussendung im September 1906 berichtete der Oe.F.V. von mittlerweile mehr als 30 Fußballvereinen, die als Mitglieder dem Verband angehören.
Im Jänner 1907 teilten Wiener Vereine (WAC, First Vienna Football Club, Vienna Cricket and Football Club) dem Verband mit, sich nicht mehr am Meisterschaftsbetrieb zu beteiligen. Und irgendwann bricht dann schließlich der Orkan aus. Nach einer Sperre des Grazer Athletiksport- Klubs durch den Österreichischen Fußballverband war es soweit:
Die Grazer Athletiker spielten am 10.10.1909 in Agram (Zagreb) und siegten in einem verrückten Spiel mit 1:0. Allerdings untersagte der Oe.F.V. knapp vorher das Antreten der Grazer, da Agram weder dem Österreichischen noch einem anderen Verband angehörte. Wenige Tage nach dem Spiel wurde der Grazer Athletiksport-Klub für Zeit vom 13.10. - 13.11.1909 seitens des Verbandes gesperrt. Aber der Oe.F.V. schätzte die Stimmung gänzlich falsch ein, denn er war zu sehr auf sich selbst und damit auf die Wiener Interessen fixiert.
Für den 5.12.1909 wurde daher vom Grazer Athletiksport-Klub sowie dem Linzer Sportklub ein Vertretertag aller alpenländischen Fußballvereine einberufen, dessen alleiniger Zweck die Gründung eines alpenländischen Fußballverbandes sein sollte. Im Leobner Hotel Gärner fanden sich auch nahezu alle in Frage kommenden Vereine ein. Es fehlte nur Marburg, das sich aber schon im Vorfeld für das Fernbleiben entschuldigte. Nach den schon damals üblichen Begrüßungsfloskeln ging es aber rasch zur Sache. Dr. Otto Hauptmann (Leobner Sportverein) wurde zum Tagesvorsitzenden gewählt, anschließend berichteten Vertreter des Grazer Athletiksport-Klubs über die schon erbrachten Vorarbeiten, wobei auf die unbedingte Notwendigkeit mehrmals hingewiesen wurde, sich von Wien loszulösen.
Fast alle anwesenden Vereinsvertreter gaben nun im Namen ihrer Vereine die Erklärung ab, dem neuzugründenden Verband beizutreten. Nur Innsbruck und Lustenau, beide vertreten durch Ernst Wengraf5 aus Linz, nahmen zunächst eine abwartende Haltung ein. Allerdings erläuterte Herr Wengraf in einer sehr sachlichen Rede die „misslichen Umstände, unter denen heute die alpenländischen Fußballvereine als Pioniere dieses Sportes an der Verbreitung und Pflege derselben tätig sind und wie wenig sie bis jetzt von Seite der Wiener Zentrale in der Lösung ihrer schwierigen Aufgabe unterstützt werden. Auch verwies er in sehr richtiger Art auf die immer trauriger werdenden Verhältnisse des Fußballsports unter den Wiener Vereinen.“ Aber auch der Österreichische Fußball-Verband zeigte Interesse an der Sitzung und war durch Herrn Kestler vertreten. Dieser versuchte die Wogen zu glätten. Glaubhaft versicherte er, dass der Oe.F.V. der Gründung eines alpenländischen Fußball-Verbandes grundsätzlich positiv gegenüberstehe. Aber es werde der Beitritt des alpenländischen Fußball-Verbandes zum Oe.F.V. erwartet. Danach wurden der Grazer Athletiksport-Klub und die Grazer Sportvereinigung beauftragt, sich mit der Fertigstellung der Statuten bis zum Jänner 1910 zu befassen. Zu einer längeren Diskussion kam es bei der Frage, wie der neue Verband denn nun eigentlich heißen soll. Man einigte sich schließlich auf „Deutsch-alpenländischer Fußball-Verband“ mit abwechselndem Sitz.
Ende August 1910 bot das Satzungskomitee des Österreichischen Fußballverbandes mit einer Entscheidung seinen Kritikern wiederum eine große Angriffsfläche. Trotz eines energischen Einspruchs der alpenländischen Vereine hat der Satzungsausschuss einstimmig beschlossen, „die bisherige deutsche Verhandlungssprache abzuschaffen und es jeder österreichischen Nation zu gestatten, sich im schriftlichen wie im mündlichen Verkehre ihrer Muttersprache zu bedienen.“ Die Protokolle der Sitzungen dürfen allerdings nur in deutscher Sprache verfasst sein. Selbstverständlich sind die Übersetzter und Übersetzungen von den Landesverbänden zu bezahlen. Die Vertreter von Deutschböhmen, Deutschmähren und Deutschschlesien forderten vehement eine Rückkehr zur deutschen Verhandlungssprache, denn eine Versammlung in acht bis zehn verschiedenen Sprachen droht zu einer Farce zu verkommen, so die Argumentationslinie. Diverse Zeitungen stellten sogar Befürchtungen in den Raum, dass Gemeindeverwaltungen den Vereinen sofort die Sportplätze entziehen würden, sollte deutsch nicht die offizielle Sprache bleiben.
Aber dem Österreichischen Fußballverband drohte auch von anderer Seite Ungemach. Schon die seinerzeitige Gründung des deutsch-böhmischen Fußballverbandes sowie die unmittelbar bevorstehende Loslösung der Alpenländer sorgten für eine Doppelmühle. Eigentlich beschränkte sich der tatsächliche Wirkungskreis des Oe.F.V. zu Jahresbeginn 1910 nur mehr auf die Region Niederösterreich. Daher wurde der Einflussbereich immer kleiner und natürlich die Entscheidungen immer schärfer von außen kritisiert.
Am 9.1.1910 kam es in Folge dessen zu einem weiteren Treffen der immer mehr an Selbstbewusstsein gewinnenden Vereine in Prag. Klarerweise wehte aus Wien daher heftiger Gegenwind, der teilweise sogar wiederum Orkanstärke erreichte. Allerdings wurden in Prag trotzdem einige wesentliche Beschlüsse gefasst:
In der Mittelschülerfrage ging es grundsätzlich darum, dass die Direktionen von Mittelschulen dem Fußballsport nicht immer sehr aufgeschlossen gegenüber gestanden sind. Vor allem aber sollte die Gründung offizieller Mittelschülermannschaften ermöglicht werden. Die Bemühungen waren nicht umsonst, denn in den folgenden Jahren fanden in Wien tatsächlich jährliche Mittelschülermeister- schaften statt (Meisterschaftsmodus). Auch hier war der Grazer Athletiksport-Klub federführend beteiligt, denn der Grazer Funktionär Max Pfeiffer stellte schon 1906 anlässlich einer Generalversammlung des Verbandes einen diesbezüglichen Antrag, der auch einstimmig angenommen wurde. Die Reibereien mit dem Wiener Verbandsverantwortlichen sowie nationale Streitereien führten in Cilli zur Auflösung des lokalen Sportvereines. Allerdings gründete sich rasch darauf – im Dezember 1909 unter Obmann Franz Rebeuschegg – der „Deutsche Athletiksportclub Eiche Cilli“. Dieser Verein sollte bei der offiziellen Gründung des Alpenländischen Fußball-Verbandes noch eine wichtige Rolle spielen.
Voller Interesse blickte man nach Wien, da Ende Jänner 1910 eine Generalversammlung des Österreichischen Fußballverbandes angesetzt war. Bei starker Beteiligung dauerte die Diskussion sieben Stunden und nahm einen „allseits befriedigenden Verlauf“. Vor allem der Tagesordnungspunkt „Gründung von Landesverbänden“ stand im Zentrum der Versammlung. Denn eigentlich traten die deutsch-böhmischen Vereine lange vor der Interessensgruppe „Alpenländischer Fußball-Verband“ an den Oe.F.V. um Gründung eines Landesverbandes heran. Überraschend zeigte sich der Österreichische Fußballverband sehr aufgeschlossen den Wünschen und Forderungen gegenüber. So wurden die neuen Statuten ohne größere Streitgespräche diskutiert und angenommen. Damit wurde der Grundstein für eine moderne Struktur geschaffen.
Den Vorstand bilden in Zukunft die Vertreter der einzelnen Unterverbände. Ein für damalige Verhältnisse fast schon revolutionärer Vorgang. In der derselben Sitzung wurde gleich der niederösterreichische Fußballverband gegründet. Auch wurde die „Verbandsvorstehung“ beauftragt, sich mit dem Unterrichtsministerium in Verbindung zu setzen, um eine obligatorische Einführung des Fußballsports an den Mittelschulen zu erwirken. In Wirklichkeit war der Vertrag nur der Versuch, einen Flächenbrand zu löschen. Man wollte Zeit gewinnen, vielleicht hoffte man in Wien auch darauf, dass sich alles beruhigen würde. In den Tagen darauf standen in Wiener Tageszeitung noch intensive Diskussionen am Programm, da die großen Wiener Vereine weder Macht noch Einfluss abgeben wollten. Klarerweise wollte die Journaille auch die Fußball-Hofberichterstattung nicht so leicht mit der Provinz teilen. Unter diesem Druck vollzog der Verband eine veritable Kehrtwendung und scherte sich nicht um Verträge, geleistete Unterschriften und Abmachungen.
Für 23.10.1910, 10 Uhr vormittags, wurde in Graz daraufhin zu einer Versammlung des Deutsch- alpenländischen Fußball-Verbandes ins Hotel „Goldene Birne“ eingeladen. Man formulierte eine scharfe Stellungnahme in Richtung Wien, da sich der Österreichische Verband „gegenüber den wichtigsten Interessen der Provinz ein lässiges, saumseliges und verständnisloses Verfahren zuschulden kommen ließ.“
Aus dieser Situation heraus kam es schließlich am 2.7.1911 in Graz zur Gründungsversammlung dieses Verbandes wiederum im Hotel "Goldene Birne", dem heutigen Parkhotel. Die Vertreter folgender sieben Vereine waren anwesend: Grazer Athletiksport-Klub, Grazer Sportvereinigung, Deutscher Athletiksportclub „Eiche“ Cilli, Marburger SV, Knittelfelder SV, FC Schwarze Elf Judenburg, FC Lustenau. Der Obmann des Grazer Athletiksport-Klubs, Dr. Eduard Krodemansch, eröffnete als Vorsitzender die Versammlung. Max Pfeiffer, ebenfalls vom GAK, erstattete einen umfangreichen Bericht an die Anwesenden. In weiterer Folge stellte Ing. Anton Blaschek (Obmann der Grazer Sportvereinigung) den formellen Antrag zur Gründung des Deutsch-alpenländischen Fußball-Verbandes. Dieser Antrag wurde klarerweise einstimmig angenommen.
Als Ort der nächsten Sitzung wurde Bruck a.d.M. bestimmt.
Immer öfter kümmerten sich die Vereine nun nicht mehr um Beschlüsse des Österreichischen Verbandes und spielten gegen Vereine, die dem Verband nicht angehörten. Aus dem Echo, das 1909 die Sperre des Grazer Athletiksport-Klubs hervorrief, hatte der Österreichische Verband aber offensichtlich gelernt, denn man warnte die Vereine zuerst in allgemeiner Form. Erst danach wurden Strafen ausgesprochen.
Im Mai 1911 fasste der Oe.F.V. den Beschluss, ein beabsichtigtes Spiel des Grazer Athletiksport- Klubs „gegen den Agramer Akademischen Sportclub , in Anbetracht des Umstandes, dass dieser vom Ungarischen Fussball-Verband boykottiert ist, nicht erteilt werden.“ In derselben Sitzung wurde an den Grazer Athletiksport-Klub aber auch die Zusage abgegeben, das Freundschaftsspiel gegen Bruck a.d.Mur mit 60 Kronen zu subventionieren. Beide Punkte wurden als „Offizielle Mitteilung des Oe.F.V.“ veröffentlicht. Ebenfalls im Mai war einer Notiz in einer Sportzeitung zu entnehmen: „Der Agramer Akademische Sportklub wurde wegen seines zu Ostern absolvierten Spieles gegen den Český svaz footballový vom Ungarischen Fußball-Verband boykottiert“.
In seiner Verbandssitzung vom 7.6.1911 wurde vom Oe.F.V. der Beschluss gefasst, „dass Verbandclubs die Wettspiele gegen Mitglieder fremder Verbände oder gegen keinem Verband angehörige Clubs rechtzeitig schriftlich beim Vorstande des OE.F.V. anzumelden, beziehungsweise hiezu einzuholen haben. Gegen Clubs, welche den Beschluss nicht beachten, wird mit einer Ordnungsstrafe von 10 K aufsteigend vorgegangen.“ In der offiziellen Verbandszeitung des Oe.F.V. wurde mehrmals (so z.B. am 10.6.1911 und am 30.9.1911) auf diese sensible Thematik hingewiesen. Ebenso mehrmals forderte der Oe.F.V. den Deutsch-alpenländischen Fußball-Verband auch auf, einen Delegierten zu seinen Sitzungen zu entsenden. Schlussendlich wurde diese Aufforderung auch veröffentlicht. Im Jahr 1913 umfasste der Deutsch-alpenländischen Fußball-Verband folgende 14 Vereine:
Im Jänner 1913 hielt der Deutsch-alpenländische Fußball-Verband einen ordentlichen Verbandstag ab, bei dem Hermann Krauth zum Präsidenten und Rudolf Jäger zum Vizepräsidenten gewählt wurden.18 Aus dem Niederösterreichischen, dem Deutsch-Böhmischen, dem Deutsch-alpenländischen und dem Polnischen Verband sowie einigen verbandsunmittelbaren Vereinen setzte sich zu diesem Zeitpunkt der Österreichische Fußball-Verband zusammen.
Im Oktober 1919 erfolgte ein Beschluss zur Umbenennung des Deutsch-alpenländischen Fußball- Verbandes in „Fußballverband für Steiermark und Kärnten“, da nur mehr diese beiden Bundesländer mit Vereinen vertreten waren.