GAK 1902 Aktuelles
News / Mike Rath / Mittwoch 19.04.2023

100 Jahre Grazer Sportklub Straßenbahn

Begegnungen entlang der früheren Linie 4.

25.03.1923 GAK Reserve – Straßenbahner 6:1 (4:0)

„Die neugegründete Mannschaft der Straßenbahner nimmt es mit den Spielen recht ernst, freilich mangeln noch Können und Erfahrung. Recht brav der Tormann.“ (Grazer Tagblatt, 26.3.1923, S. 4)

Die Notiz nimmt sich recht bescheiden aus, doch was hier als zarter sportlicher Keim erstmals in die Grazer Sportöffentlichkeit trat, sollte zu einem gewaltigen Baum heranwachsen. Der Grazer Sportklub Straßenbahn wurde 1923 gegründet und feiert heuer sein hundertjähriges Vereinsjubiläum! Der GAK, dessen Reservemannschaft der erste Sparringpartner des Vereins war, gratuliert aus ganzem Herzen. „Die Straßenbahner“ als Betriebsmannschaft zeigten von Anfang an beachtliche Leistungen. Der Start in den Wettkampfsport erfolgte in der 3. Klasse Graz.

Nach dem 1. Weltkrieg erlebte der steirische Fußball einen gewaltigen Aufschwung, vor allem wandelte sich - aufgrund der Sozialgesetzgebung und dem damit verbundenen Zugewinn an Freizeit für die Arbeiterschaft - der Sport, von einem Freizeitvergnügen für den Adel und das Bürgertum, hin zu einem alle Gruppen der Bevölkerung begeisternden Spiel. Neue Vereine, fernab des zuvor überwiegend dem akademischen Milieu zuordenbaren Trägerkreises, wurden in großer Zahl gegründet und einige dieser neuen (vielfach nach einer Spielergeneration wieder verschwindenden oder in etablierten Vereinen aufgegangenen) Klubs bestehen bis heute: der ASV Gösting, der ESK, der F.K. Austria/ASV Puch oder der SV Straßgang. Durch die steigende Zahl an Vereinen wird in Graz bereits in 3 Klassen eine Meisterschaft ausgetragen und beginnend mit 1921 auch ein Grazer bzw. Steirischer Meister ermittelt. Dem GSC gelingt ein rascher Aufstieg von besagter dritter Klasse bis in die oberste Leistungsstufe, wo er 1926, nach dem Meistertitel in der damals als Ganzjahresmeisterschaft durchgeführten zweiten Klasse 1925, ankommt. Allerdings ist der steirische Ligabetrieb noch nicht gefestigt und der Verband entlang parteipolitischer Bruchlinien zerrissen.

Erstmals treffen jedoch der GAK und der GSC in einem Meisterschaftsspiel aufeinander:

27.06.1926 GAK – Grazer SC Straßenbahn 3:2

Seit dem 1. Weltkrieg sind die Arbeitervereine in einer eigenen Vereinigung organisiert, die überall (außer in Österreich) eigene Meisterschaften ausschließlich für Arbeitervereine austrägt. Das ist nicht ungewöhnlich, denn nicht nur aufgrund politischer Ausrichtung sondern auch entlang weltanschaulicher oder konfessioneller Unterschiede finden unterschiedliche Bewerbe va im deutschen Sprachraum statt. In Österreich (Ausnahme: Wien) ist die Fußballszene jedoch (noch) klein und lediglich dem VAFÖ (sozialdemokratisch) und in Wien dem Reichsbund (katholisch) gelingt die Etablierung eigener Meisterschaftsbetriebe. Diese Spaltung zwischen „bürgerlichem“ Fußball und „Arbeiterfußball“ erfolgt im Sommer 1926. Beide Verbände versuchen, möglichst viele der nicht eindeutig zuordenbaren Vereine auf ihre Seite zu ziehen. Die bedeutendsten und am heftigsten umworbenen Vereine sind in der Steiermark der SK Sturm und der Sportklub Straßenbahn. Während die Entscheidung Sturms, dem bürgerlichen Verband beizutreten, zum Abgang einiger Spieler (und deren Beitritt zu einem Gewerkschaftsverein) führt, schlägt der Entscheid des Vorstandes in Hinsicht auf den Sportklub Straßenbahn große Wellen und führt bei hm als einzigem Steirischen Verein zu einer unmittelbaren Spaltung und zur Gründung des „Freien Sportklub[s] Straßenbahn“ durch freigewerkschaftlich organisierte Bedienstete der Grazer Tramwaygesellschaft. Ab 1926 spielt der GSC also in doppelter Ausführung in den voneinander strikt getrennten Meisterschaften der Arbeitersportvereine und der bürgerlichen Vereine. Für die höchste Spielklasse bedeutet die Verbandsspaltung und der damit verbundene Abgang des Arbeiter Athletiksport Clubs (AAC), des Eisenbahnersportvereins Südbahn und des Gewerkschaftsvereins Admira Graz in den Arbeiterverband die Reduktion auf die bürgerlichen Vereine GAK, Sturm, GSC und Hakoah, während im zunächst mit 10 Klubs sehr stark besetzten Arbeitersportverband der „Freie Sportklub Straßenbahn“ dessen erster Meister wird.

Es gelingt dem bürgerlichen Verband aber rasch, Vereine an die erste Klasse heranzuführen und unbestritten ist die Meisterschaft des StFV die sportlich höherstehende. Der Grazer Sportklub Straßenbahn mischt auch hier schon rasch im Vorderfeld mit und erreicht neben hervorragenden aber zunächst noch punktuellen Spielerfolgen in der Saison 1929/30 erstmals den Vizemeistertitel in der höchsten Steirischen Liga, wobei er lediglich die beiden Spiele gegen den überragenden GAK verliert. Auch in den folgenden Saisons ist der Verein stets unter den ersten drei zu finden um schließlich den Vizemeistertitel 1932/33 zu wiederholen. Der Verein etabliert sich als die „Nummer 1 von Jakomini“, was von den Fans des Bezirksrivalen nur schwer akzeptiert wird: am 6.11.1932 kam es zu einem Platzsturm erboster Sturmfans, der – nach einer Neuaustragung und neuerlichem Erfolg des GSC – jedoch nichts an den sich abzeichnenden neuen Kräfteverhältnissen änderte.

Durch das Verbot der sozialdemokratischen Vereine durch die austrofaschistische Regierung wurde auch die Geschichte des Arbeiterfußballs und somit auch die Spaltung des GSC beendet. In beiden steirischen Auswahlen hatte der Verein inzwischen zahlreiche Spieler gestellt. Besonders hervorzuheben ist das „Brüdertrio Matejka“, das – nach der Fusion des ebenfalls in Jakomini beheimateten Sportklubs „Ostmark“ mit den grün-weißen 1926 – nun für den Sportklub auflief. Richard war, wie auch Josef, zwischenzeitlich für den GAK aktiv, beide spielten auch für Arbeitervereine, aber Hubert wurde zu einer Stürmerlegende des GSC, bei dem er seine gesamte Karriere verbrachte. Auch, weil ein angekündigter Transfer zum GAK scheiterte.

Während der GAK nach seinen Serienmeistertiteln (20er-Jahre bis 1933) seine dominante Stellung im Steirischen Fußball nun für 20 Jahre, bis in die 50er-Jahre, verlor, erwuchs der GSC für die folgenden rund 10 Jahre nun zum stärksten Konkurrenten von Sturm und wurde erst gegen Ende des 2. Weltkrieges vom Eisenbahnerverein Südbahn (und zwischenzeitlich von Kapfenberg) darin abgelöst.

19.08.1934 Grazer Sportklub Straßenbahn – GAK 0:3 strafverifiziert

Die Straßenbahner führten als erster Steirischer Verein im Sommer 1934 unter Trainer Edi Kannhäuser eine nach damaligen Maßstäben herausragende 101-tägige (!) Tournee nach Asien („Niederländisch-Indien“ = Indonesien, „Ceylon“ = Sri Lanka sowie nach Singapur) durch. Dass ein strafverifiziertes Derby es in die Liste der „legendären Begegnungen“ geschafft hat, liegt an dieser Tournee, die durch die verspätete Rückkehr von derselben der Grund der Strafverifikation ist. Eine vergleichbare organisatorische Leistung gelang dem GAK erst exakt 20 Jahre später, als unser Verein an die Spitze der österreichischen Vereine vorgestoßen war und dadurch ein entsprechend begehrter Gegner für internationale Freundschaftsspiele und Rundreisen geworden war. Das allein zeigt die sportliche Bedeutung des Grazer Sportklubs Straßenbahn in den 30er-Jahren. Zurecht wurde diese Tournee von der Steirischen Landesregierung in ihrer überregionalen Bedeutung erkannt und durch die Verleihung des Steirischen Landeswappens in einem großen Festakt vor der Grazer Oper nach der Rückkehr der Mannschaft gewürdigt. Bis heute ist der GSC daher der einzige Steirische Fußballverein, der berechtigt ist, auf seinen Dressen den Steirischen Panther zu tragen. Auch sportlich war die Tournee mit 17 Siegen in 19 Spielen und einem Torverhältnis von 71:20 (!) ein überragender Erfolg. Was diese Reise für die Teilnehmer bedeutet hat, können wir heute nur mehr erahnen. Stolz bewahrt der GSC noch erhaltene Reisetagebücher und Fotoalben, die ein Kleinod der Steirischen und Österreichischen Fußballhistorie darstellen.

4.11.1934 GAK – Grazer Sportklub Straßenbahn 1:2

Schließlich gelingt dem GSC auch endlich der erste Sieg über unseren Klub. Dieses Spiel steht sinnbildlich für die erfolgte Veränderung der Kräfteverhältnisse im Steirischen Sport. Zugleich wird der Verein 1934/35 auch zum ersten Mal Steirischer Meister vor dem FC Graz und Donawitz. Von den beiden „großen Grazern“ schafft es erstmals keiner unter die „Top 3“. Auch der Landespokal wird nach einem Finalsieg über den GAK eine Trophäe des Sportklubs.

Stadion GSC
Stadion GSC; © Archiv GSC gemeinfrei

Dem sportlichen Aufstieg entsprechend, schufen sich die Straßenbahner auch eine eigene Heimstätte und errichteten auf dem Gelände gegenüber der Messe das modernste Stadion von Graz, das bis lange nach dem 2. Weltkrieg und den kriegsbedingten Wiederinstandsetzungen bzw. der Neuerrichtung die schönste Anlage der Stadt bleiben sollte. Der GSC-Platz wurde 1937 eröffnet und standesgemäß mit dem Meistertitel 1937/38 eingeweiht. Davor war die Spielstätte bei der damaligen Endstation der Straßenbahn, etwa auf dem Gelände des Liebenauer Stadions, gelegen. Nun aber rückte der GSC von der Peripherie ins Herz des Steirischen Fußballs hinein. Das neue Stadion wurde auch von den anderen erstklassigen Grazer Klubs genutzt. Entweder in Form von Doppelveranstaltungen mit den Straßenbahnern oder auch zur Austragung besonders bedeutsamer Spiele.

Durch den Meistertitel 1937/38 unter Trainer Kastrun wurde der GSC auch der erste Steirische Teilnehmer an einer seit Mitte/Ende der 20er-Jahre diskutierten gesamtösterreichischen Meisterschaft, auch wenn diese in Ermangelung des Staates Österreich in der folgenden Saison „Gauliga Ostmark“ hieß. Dass der Meister aufsteigen dürfe, war aber schon vor Meisterschaftsbeginn und somit vor dem Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich entschieden worden.

Der Sportklub vertrat die Steirischen Landesfarben – zugleich seine Klubfarben – überaus ehrenvoll, wurde bester nichtwiener Verein und landete mit deutlichem Vorsprung auf einem Nichtabstiegsplatz. Aufgrund des nationalsozialistischen Überfalls auf Polen, der den Beginn des 2. Weltkrieges markiert, und erlassener Reisebeschränkungen musste der GSC jedoch erzwungenermaßen absteigen, wurde allerdings umgehend zum dritten Mal Steirischer Meister (1939/40) und qualifizierte sich für die Saison 1940/41 erneut für die nun „Bereichsklasse Ostmark“ genannte höchste Spielstufe. Am modernen Sportklubplatz fanden aber auch regelmäßig durchaus als „legendär“ zu bezeichnende Spiele statt. Im Rahmen des „Tschammer-Pokals“ (DFB-Pokal während der NS-Zeit) war die Wiener Austria zu Gast: „Grazer Sensation im Tschammer-Pokal! Die Wiener Austria, vom Grazer Sportklub geschlagen, scheidet aus!“.

Vor 5.000 Zusehern lieferte der GSC „eine Prachtpartie und errang einen sicheren und verdienten Sieg“. Die Austria war mit all ihren Stars angetreten (Sindelar, Stroh, Nausch, Sesta) und der 3:2-Erfolg der Grazer markiert zweifellos einen weiteren Meilenstein des Steirischen Fußballs. Entsprechend euphorisch erfolgte auch die mediale Rezeption. Maßgeblich für diese Konkurrenzfähigkeit auf sportlicher Ebene waren bei allen Steirischen Vereinen immer wieder auch – oft berufsbedingt – nach Graz gewechselte Wiener Spieler. Was dem GAK etwa ein Josef Ptacek oder Hans Kowanda waren, war für den GSC der junge Josef Blum II vom Fav.AC (nicht zu verwechseln mit dem Wunderteamspieler!), mit dem sich der Verein angesichts des Aufstiegs verstärkt hatte, und der sofort maßgeblich zum Erfolgslauf beitrug.

Zeitungsartikel
Zeitungsartikel; © ANNO gemeinfrei

10.5.1942 Grazer Sportklub Straßenbahn – GAK 4:1

Kriegsbedingt lichteten sich die Reihen der verfügbaren Spieler und die Straßenbahn war – anders als etwa die Eisenbahn oder Rüstungsbetriebe – keine „kriegswichtige“ Einrichtung mehr. Neben den Spielern der nicht firmenangebundenen Vereine wurden nun auch die Spieler des Sportklubs an die Front geschickt und der Sportklub sank – wie schon längst auch der GAK – zu einem Mitläufer der Liga herab, auf deren ersten 6 Plätzen sich nun ausschließlich Betriebssportvereine der Rüstungsindustrie, die Eisenbahner und der Industriestandort Kapfenberg fanden. Um den Spielbetrieb überhaupt aufrecht erhalten zu können, wurden Neuverpflichtungen und Transferregelungen stark gelockert, wodurch mitunter von einer Runde zur nächsten personell kaum wiedererkennbare Mannschaften aufliefen, deren Gerüst längst Jugendspieler bildeten. In diese Phase fällt die höchste Niederlage der Roten. Der Krieg lichtet die Reihen beider Kader, und die Meisterschaft wird in 2 Gruppen ausgetragen, um sie überhaupt noch durchführen zu können. GAK und Sportklub traten in weiterer Folge in verschiedenen Gruppen an und treffen 42/43 und 43/44 nicht aufeinander.

17.9.1944 Grazer Sportklub Straßenbahn – GAK 0:9 am Reichsbahnplatz (Spiel wg Abbruch der Meisterschaft annulliert)

Die Meisterschaft gerät nun vollends aus den Fugen, der Sportklubplatz ist durch die Nähe zum Ostbahnhof von wiederholten Bombentreffern schwer in Mitleidenschaft gezogen und so wird der Wettbewerb nach der Hinrunde mit Oktober 44 abgebrochen – GAK (6.), GSC (8.) von 8. Fast alle Fußballplätze in Graz sind beschädigt, der Sportklubplatz ist völlig zerstört und muss neu errichtet werden. GAK und Sportklub bauen ihre Fußballteams von neuem auf und es gelingt beiden Vereinen recht gut, sich hinter Sturm und ESV Austria zu etablieren. In den 4 Saisons 45/46 - 48/49 spielen die beiden Vereine auf Augenhöhe aber nicht an der Spitze der höchsten Steirischen Klasse.

9.10.1949 Grazer Sportklub Straßenbahn – GAK 0:7

Doch nun beginnt sich allmählich die Geschichte der beiden Vereine auseinanderzuentwickeln: Am Ende der Saison steigt der GAK als Dritter in die Staatsliga B auf, der GSC hingegen bleibt vorerst in der Landesliga. Allerdings sind auch die Straßenbahner auf dem Weg zurück zu (beinahe) altem Glanz: Durch den 4. Steirischen Meistertitel 1951 gelangte der Sportklub in die Staatsliga B wo als Vizemeister 1951/52 der Durchmarsch in die Staatsliga A erfolgte! Die Saison 1952/53 war nicht nur die letzte von gesamt drei Saisons in der höchsten österreichischen Liga, sondern zugleich auch jene, die das letzte Meisterschaftsspiel der ersten Mannschaften von GAK und GSC sah.

Die Vereine sind aber weiterhin vielfältig miteinander verbunden: über die gemeinsame Nutzung der Stadien, personell über Spieler und Trainer die für beide Vereine tätig sind und auch sportlich über die Nachwuchsarbeit und Freundschaftsspiele. Allerdings ist grundsätzlich nun der GAK endgültig der „Große“ und der Sportklub der „Kleine“. Allerdings der unbesiegte „Kleine“:

17.5.1953 GAK - Grazer Sportklub Straßenbahn 3:4 – letztes Derby (am Sturmplatz!)

Im letzten Aufeinandertreffen siegt nämlich der Sportklub und da die Kampfmannschaften seither nie mehr in einem Bewerbsspiel gegeneinander spielen, bleibt diese Niederlage vor 70 Jahren ein vorläufiger Schlusspunkt.

Mit Helmut Senekowitsch führt der herausragende Steirische Fußballer (und nachmaliger GAK-Trainer 1971-73 und 1984-85) die Grün-Weißen ein letztes Mal an die Spitze des Österreichischen Fußballs. 1952 stieß der 19-jährige spätere Nationalteamspieler zum Verein, der zuvor bei Hertha Graz, dem AAC Gemeinde und dem ESV Austria den Nachwuchs durchlaufen hatte. Den Straßenbahnern fehlte nicht viel zum Klassenerhalt, allerdings folgten nun Jahre in der zweithöchsten Spielklasse (1951/52; 1953/54 – 1957/58 und 1961/62 – 1963/64), in denen, nach zwischenzeitigem Abstieg, der fünfte (und bis heute letzte) Steirische Landesmeistertitel 1961 errungen wurde. Damit liegt der Verein hinter GAK, Sturm, Flavia Solva und Kapfenberg immerhin gemeinsam mit dem ASK Voitsberg an der 5. Stelle. Ähnlich des 2 Saisons vorher abgestiegenen ESV Austria geschah der Niedergang nun auch im GSC mit atemberaubender Geschwindigkeit und nahezu im Freien Fall. Allerdings gelang es immer wieder, Achtungserfolge, Titel und den Aufstieg in höhere Klassen zu erringen und so ist die Zeit in der Oberliga (1999/00 - 2000/01) durchaus noch unter den Fans präsent.

Die „vorläufig endgültige“ Derbybilanz aus GAK-Sicht lautet: 42 Spiele, 27 GAK-Siege, 3 Unentschieden, 12 Niederlagen, 112:57 Tore.

Von den 12 Niederlagen waren 5 mit 0:1, aber beachtliche 4x war das Ergebnis 3:4, 2 Spiele gingen mit 1:2 verloren, die höchste Niederlage war das oben angeführte 1:4.

Der höchste GAK-Sieg war ein 7:0 in der Saison 1949/50

torschuss gak beim stadtpokal
Stadtpokal, Torschuss, © Archiv GAK

28.07.2021 GSC – GAK 1902 Juniors 0:4 Finale Grazer Stadtpokal

Nachdem die Straßenbahner 2006 auch noch ihr zwar schon in die Jahre gekommenes aber nach wie vor charmantes Stadion räumen und auf den vormaligen Sturmplatz übersiedeln mussten, waren fortan die drei untersten Klassen ihr Zuhause. Heuer, zum Hundertjahrjubiläum zeigt der Verein aber noch einmal groß auf: in der 1. Klasse Mitte B ist der aktuell drittplatzierte Klub jenes Team mit den meisten erzielten Toren! Wie schon aus dem früheren zweithäufigsten Derbyergebnis zu ersehen ist, sind Spiele des GSC jedenfalls sehenswert.

Dem GAK begegnete der Sportklub zuletzt im Finale des „Grazer Stadtpokals“, allerdings lediglich unserer heutigen U19/GAK Juniors.

Dennoch sind die Bezüge der Vereine zueinander vielfältig. Helmut Senekowitsch wurde wie die Matejka-Brüder schon genannt. Weiters leistete beispielsweise Hans Kowanda zunächst ab 1923 beim GAK und ab 1927 beim GSC wertvolle Aufbauarbeit.

Besonders hervorstechend sind aber die Doppelveranstaltungen der 50er-Jahre, als 4 Grazer Vereine in den beiden höchsten Spielklassen spielten: neben dem GAK und dem GSC auch der ESV Austria und Sturm. Der GSC trug beispielsweise sein „Stadtbezirksderby“ gegen Sturm in der Saison 1953/54 in Geidorf am GAK-Platz aus, der SK Sturm sein Heimspiel im „großen Derby“ jedoch am GSC-Platz, der schönsten Sportanlage der Stadt. Damals gewannen unsere Roten in der Conrad von Hötzendorf-Straße vor 12.000 Zusehern mit 2:0 (Kölly, Eigenstiller). Der GAK wiederum bestritt sein Heimspiel gegen den LASK ebendort (nachdem im „Vorspiel“ der GSC die Wiener Austria zu Gast gehabt hatte). Auch im Frühjahr ein ähnliches Bild: zunächst GSC gg Rapid, im Anschluss GAK gg Vienna, GSC gg FAC, danach GAK gg Austria Wien usw. Am 12.4. bestritt der GAK – diesmal trat der GSC schon am Vortag an – sein Heimspiel gegen Sturm am GSC-Platz und wie schon im Hinspiel am gleichen Ort erwies sich das Stadion als guter Boden für die Roten, die dank der Tore von Mini Engel und Friedrich Kandler mit 2:1 erneut siegreich blieben. Das Derbyheimspiel des GAK gegen den GSC wurde folgerichtig am Sturmplatz gespielt – wo das oben erwähnte 3:4 die Derbystatistik der beiden Vereine bis heute abschloss. Auch gegen die Admira spielten wir am Sturmplatz (diesmal allerdings siegte der GAK 3:0). Auch in den folgenden Saisons fanden diese Doppelveranstaltungen ihre Fortsetzung, wenn auch oft die Zweitligisten bei den Erstklassigen zu Gast waren. Der GAK bestritt im Frühjahr aber erneut einzelne Heimspiele am Sturm-Platz (gg LASK, 2:0) oder am Sportklubplatz (gg Vienna, 3:1). Nicht umsonst sprechen ältere Fans von der damaligen „Straßenbahnliga“, weil angesichts von 4 „Staatsligisten“ (A und B) in Graz die Straßenbahn ausreichte, um hochkarätige Spiele zu besuchen.

Zwei personelle Verbindungen zwischen GSC und GAK sind jedoch eine spezielle Betrachtung wert: Zum einen Franz Georg Strafella, Sohn des Bürgermeisters von Pettau/Ptuj, sozusagen ein „Deutsch-Untersteirer“, der nach seinem Jus-Studium in Graz in der politisch hochbrisanten Zeit von 1923 – 1930 Generaldirektor der Grazer Tramwaygesellschaft und bei den Straßenbahnbediensteten gefürchtet war. Er „entschied“ wesentlich auch den Beitritt des GSC zum bürgerlichen Fußballverband und zog sich dadurch den Zorn der Arbeiterschaft (und Arbeiterpresse) zu, welcher zur Gründung des Freien Sportklubs Straßenbahn führte. Besonders die gewaltsame Auflösung des Straßenbahnerstreiks im Oktober 1928 inklusive Kündigung und Nichtwiedereinstellung von 150 Bediensteten festigte diesen Ruf. Strafella war auf der Jahreshauptversammlung im Jänner 1928 zum Ehrenmitglied des Vereins ernannt worden, war christlich-sozialer Vizebürgermeister von Graz und Exponent der Heimwehr. Die größten Wellen schlug schließlich die „Strafella-Affäre“, die hier aus Platzgründen nicht erläutert werden kann. Strafella war aber nicht nur der „Chef“ des GSC, sondern auch… - richtig: GAK-Mitglied (wie viele andere Exponenten der Steirischen Politik und Wirtschaft).

Wesentlich positiver ist eine andere Personalie, die zeigt, wie eng der Grazer Fußball vor wenigen Jahrzehnten noch ineinander verwoben war. Einer der bekanntesten weiblichen GAK-Fans hat als Geburtsort nämlich keinen geringeren Platz als die GSC-Kabinen! Während eines laufenden Spieles eilte der Platzwart der Straßenbahner aufs Feld und rief nach einem Geburtshelfer im Publikum, da bei seiner Frau die Wehen eingesetzt hätten. Ohne formell abzupfeifen unterbrach der Schiedsrichter sofort das Spiel und half persönlich bei der Geburt jenes Mädchens, das – wie könnte es angesichts dieses Geburtsortes  anders sein – von klein auf in größter Liebe zum schönsten Fußball entbrannte und sich folgerichtig der Schar der GAK-Fans anschloss. Als Mutter und Tochter wohlauf und versorgt waren, setzte der Unparteiische übrigens umgehend das zuvor eilig unterbrochene Meisterschaftsspiel fort. Kenner munkeln, dass jenem, zu einer eindrucksvollen Persönlichkeit der Roten Anhängerschaft herangereiften, damaligen Mädchen manchmal im Eifer des Matches auch sonst von ihr vermiedene Worte entrutschen – einen Schiedsrichter, so sagt man, habe sie aber noch nie beschimpft.

fanclub funatix
Stadtpokal, Fanclub Funatix, © Archiv GAK

Diese Fan-Episode führt schließlich zu einem österreichweit wohl einmaligen Phänomen: der Fanszene des Grazer Sportklubs, den „Tramway Funatix“, die ihr Team daheim und auswärts lautstark unterstützen und die nach Stiwoll auch schon mit einem 30-Sitzer-Bus voll Supporter anreisen. Gerne wird von Medien auf die Wiener Sportklub- oder Vienna-Fans verwiesen, die so viele und so treu seien. Die Fanszene des GSC ist aber nicht in der zweiten oder dritten Liga entstanden, sondern hat sich in den untersten Klassen des StFV formiert. Zwar haben viele der Funatix einen schwarz-weißen, rot-weißen oder grün-weißen Zweitverein, ihre Auftritte lassen aber keine Zweifel daran, dass ihr Herz dem Unterhausfußball gehört. Der GSC kämpft wie die übrigen „kleinen“ Grazer Vereine mit notorischen Geldsorgen und somit wird auch von den Spielern verlangt, ohne große Gage alles für den Verein zu geben. Die Folge ist zweifelsohne ein „ehrlicherer“ Fußball, wie ihn Fanszenen vielerorts einfordern, allerdings um damit in erster Linie andere Vereine zu kritisieren. Der GSC hingegen ist ein von Fans getragener Verein, wo „ehrlicher Fußball“ keine hohle Phrase ist, der sich nicht nur deshalb mehr Publikum verdient hat.

Hiermit sei allen Roten der Besuch in der Gruabn ans Herz gelegt, dazu reichlicher Konsum in der Vereinskantine und Freude an dem zu erwartenden trefferreichen Spiel der „Straßenbahner“. In Runde 21 etwa findet das „Schienenderby“ zwischen den ehemaligen Erstligisten Sportklub Straßenbahn und Eisenbahnersportverein Austria statt…

Der GAK wünscht in der Jubiläumssaison weiterhin viel Erfolg und alles Gute für die nächsten 100 Jahre!

Grazer Sportklub Straßenbahn

Gegründet am 19.1.1923

5x Steirischer Meister: 1934/35, 1937/38, 1939/40, 1950/51 und 1960/61

3x Steirischer Pokalsieger: 1934, 1935, 1939

1x Steirischer Meister des Arbeitersportverbandes: 1926

Derbybilanz aus GAK-Sicht:

Meisterschaft: 28 (davon 1 nicht gewertet) GAK-Siege, 3 Unentschieden, 12 GAK-Niederlagen, 124 (112): 57 Tore

Cup (diverse Bewerbe): 4 GAK-Siege, 1 Unentschieden (Wiederholungsspiel nötig), 2 Niederlagen (darunter Finale Steirischer Landescup 1935 am Sturmplatz)

DER GRAZER STADTKLUB - gegründet 18.08.1902