Stolz, Identität und Größe

Fußball ist die verbreitetste Mannschaftssportart der Welt. Die Leistungsdichte an der Spitze ist somit auch die größte und Erfolge im Fußball sind mit großem Prestige verbunden. Das gilt für Nationalteams genauso wie für Vereinsmannschaften.

Als nach dem ersten Weltkrieg der Kleinstaat Österreich gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit von den alliierten Kriegsgewinnern geschaffen wurde, glaubten nur wenige an die Lebensfähigkeit dieses Landes. Es war das sogenannte „Wunderteam“ der 30er-Jahre, das mit seinem Siegeslauf wesentlich dazu beitrug, Stolz auf Österreich zu schaffen und an die Fähigkeiten seiner Bevölkerung zu glauben.

Jugoslawien war eine Weltmacht aller Mannschaftsballsportarten, vermutlich mit den Niederlanden die beste Fußballnation, die nie Weltmeister wurde. Nach dem entsetzlichen Krieg und der Aufteilung des Landes in kleine Nationen ist es der Sport, der auch in den Nachfolgestaaten als eines der ersten Instrumente diesen herausragenden Mannschaftssportlern (Basketball, Handball, Volleyball, Wasserball und Fußball) ihren Stolz und ihre internationale Anerkennung zurückgegeben hat.

Besonders in Bosnien-Herzegowina ist auch im Sport noch nicht die alte Größe zurück, doch wie formulierte es ein Freund und ehemaliger Celik-Spieler vor der WM 2014 (für die sich Österreich wie so oft nicht qualifizieren konnte): „Zu welchem Land wirst du bei der WM halten? Ich werde zu Bosnien halten.“ Es war die Rückkehr einer Fußballnation auf die große Bühne. Die bedeutendsten Protagonisten (sowohl des Fußballs als auch des Basketballs) sind internationale Stars. Der Klubfußball aber befindet sich nach wie vor auf dem Weg zurück.

Leidenschaft und Begeisterung in einer Arbeiterstadt

Celik machte in den 70er-Jahren erstmals international auf sich aufmerksam: Im „Mitropacup“ (der Name des Bewerbes verweist auf die Konkurrenz der Zwischenkriegszeit, in der sich die besten Klubs Italiens, Ungarns, der Tschechoslowakei, Jugoslawiens, der Schweiz, Rumäniens und Österreichs vor bis zu 100.000 Finalbesuchern maßen), der parallel zu den Europapokalbewerben für die nicht für den EC qualifizierten Vereine ausgetragen wurde, gelang Celik der Gewinn 1971 durch einen 3:1-Finalsieg über Austria Salzburg. Der GAK, der im Achtelfinale NK Maribor aus dem Bewerb geworfen hatte, scheiterte knapp (0:0, 1:2) an MTK Budapest. Celik erreichte das Finale durch Aufstiege gegen Catania, Diösgyör und GAK-Bezwinger MTK. Im folgenden Jahr – der Bewerb, der immer wieder Änderungen unterworfen war, wurde in 2 Gruppen ausgetragen – konnte das Team aus Zenica den Erfolg wiederholen: In der Gruppenphase vor Honved Budapest und Sparta Prag klassiert, wurde im Finale der große AC Florenz (der Partizan Belgrad und die Vienna hinter sich gelassen hatte) in 2 Spielen überwunden (0:0, 1:0).

Einen weiteren Achtungserfolg markiert der Gruppensieg 1975 im „Intertoto-Cup“, damals als reiner Gruppenbewerb ohne Gesamtsieger und ohne die erst später eingeführte UEFA-Cup-Qualifikationsmöglichkeit ausgetragen, den Celik vor Vitoria Setubal (POR), Banik Ostrava und IF Elfsborg erringen konnte. In jenem Jahr wurden auch Wacker Innsbruck und VÖEST Linz Sieger ihrer Gruppen. Der GAK hatte 1977, 1978, 1979, 1986, 1988, 1989 und 1997 am UI-Cup teilgenommen und konnte seine Gruppe 1978 (vor Blagoevgrad, Novi Sad und Kristiansand) gewinnen. Bei der Teilnahme 1997 scheiterten unsere Roten in der Gruppenphase denkbar knapp an SC Bastia, der sich letztlich gemeinsam mit Lyon und Auxerre für den UEFA-Cup qualifizieren konnte.

Neustart einer Fußballnation

Als der Fußball in Bosnien – noch im Kriegsjahr 1995 – wieder zu rollen begann, war Celik nicht nur der Premierensieger, sondern gewann die ersten drei Meisterschaften (1995, 1996, 1997) und zwei Mal den Cup (1995, 1996). Als die kroatischen und schließlich (2002/03) auch die serbischen Landesteile sich der Meisterschaft anschlossen, konnten die Klubs aus Bosnien-Herzegowina ab 2000/2001 auch wieder am Europapokal teilnehmen. Celik qualifizierte sich als 4. für den UI-Cup, wo in der ersten Runde Denizlispor klar besiegt wurde (1:0, 5:3), ehe der belgische Vertreter Gent denkbar knapp (1:0, 0:2) das internationale Comeback beendete. Mit dem dritten Platz 2007/08 gelang letztmalig die Qualifikation für den UI-Cup, ehe Misswirtschaft und drückende Schuldenlast das Gründungsmitglied der bosnischen Liga in die Knie zu zwingen begannen.

Wie auch uns aus eigener leidvoller Erfahrung bekannt ist, mussten schließlich die Fans ihren Verein retten. Celik ist somit der einzige Mitgliederverein in Südosteuropa und ist nach dem Abstieg 2019/20 auf dem Weg zurück in den Spitzenfußball. Sportlich wäre der Klassenerhalt 2019/20 geglückt, doch Zahlungsrückstände und Punkteabzüge beendeten den langen Leidensweg. Auch das eine leidvolle Parallele der beiden Vereine.

Verbundenheit zu einer Region

Der GAK wäre nicht der GAK ohne seine Spieler aus dem ehemaligen Jugoslawien. Es ist kein Zufall, dass mit Savo Ekmecic unser Jahrhundertspieler in Mostar geboren ist, Mario Bazina in Siroki Brijeg und Mario Tokic in Derventa. Der große Zelimir Vidovic ist in Sarajewo geboren, wie auch Alen Skoro. Wir könnten noch viele Namen hinzufügen, der GAK wurde von Spielern aus Südosteuropa schon sehr früh wesentlich mitgeprägt – er hat aber auch seine ersten Auslandsreisen nach Jugoslawien, va nach Split, aber auch Sarajewo, unternommen. Rund 85 Spiele absolvierte unser Klub vor dem zweiten Weltkrieg in unserem Nachbarland bzw. gegen seine Vereine. Seit dem zweiten Weltkrieg sind es weit über 100 Spiele.  Mit Celik tritt nun ein weiterer Verein auf die Ehrentafel der sportlichen Beziehungen unseres Vereins.

Wir kennen die Mühsal auf dem Weg zurück zur Genüge. Spiele gegen internationale Gegner wie Crystal Palace waren dabei psychologisch wichtig für uns und unsere Fanszene. Die Ultrakultur in Zenica ist wesentlich älter und größer als jene des GAK und die Leidenschaft für den Verein ist nicht nur für uns mehr als ein Vorbild. Der Verein Celik ist mit seinem Stadion nicht nur ein elementarer Bestandteil der Stadt, sondern auch ihre größte Sehenswürdigkeit. Wir sind stolz, dass wir in diesem Neuaufbau eine internationale Spielstation, Wegbegleiter und Freunde sein dürfen.

Grazer Athletiksport Klub - NK Čelik Zenica

11.02.2023 - 14:00 Uhr
Sportstadion Gratkorn
Sportplatzgasse 7, 8101 Gratkorn

Programm im Restaurant im Campus 1902 in Weinzödl:
- Warmup ab 10:00 Uhr
- GAK-Fantalk mit Dieter Elsneg und Matthias Dielacher 11:00 Uhr
- Der Erlös der Konsumation kommt dem GAK 1902 zugute. 

Jugoslawien 1. Liga:

1966/67 | 1968/69 – 1977/78 | 1979/80 | 1983/84 | 1985/86 – 1988/89

Bosnien-Herzegowina 1. Liga (Premijer Liga):

1994/95 – 2019/20 | Meister (Bosnien) 1995 | 1996 | 1997 | Cupsieger 1995 | 1996

Fotos (c) Archiv Celik & Robijasi Zenica