GAK 1902 Aktuelles
News / Alfred Haidacher / Montag 02.12.2024

Der GAK, der WAC, sein VAR und dessen Schiedsrichter

So oder ähnlich hätte Meister Peter Greenaway wohl einen von ihm gedrehten Film über das verlorene Heimspiel des GAK gegen den WAC genannt.

Die Nachbetrachtungen zu den Spielen des GAK 1902 werden von unabhängigen, ehrenamtlichen Autoren nach dem Prinzip „von Fans für Fans“ erstellt. Ohne Wahrheitsanspruch geben sie Erlebnisse und Empfindungen zum Spieltag wieder. Somit sind diese externen Beiträge keinesfalls als offizielle Vereinsstatements zu werten.

Greenaway, der Meister des Skurrilen bis Absurden, erweist sich als geradezu ideale Wahl für die Regie. Der Koch GAK servierte ein Halbzeitmenü mit einem Dreitorevorsprung, das ihm jedoch der unfreiwillige Dieb WAC in den letzten Minuten einer so noch nie gesehenen Partie entwendete – tatkräftig unterstützt von seiner ihm zwar unbekannten, aber äußerst willigen Frau VAR und ihrem Liebhaber, dem Schiedsrichter. Und bevor jetzt die Objektivitätsfreaks in Schnappatmung verfallen, ist anzumerken, dass unser Trainer Rene Poms nach dem Match die absolut richtigen Worte gefunden hat, um das Unbeschreibliche denn doch klug analysierend zu beschreiben. Kern seiner Aussagen ist, entsprechend dem Gelassenheitsgebet des Reinhold Niebuhr, dass einem die Kraft gegeben werden möge, die Dinge, die man ändern kann zu ändern, jene Dinge hinzunehmen, die man nicht ändern kann und dazu noch die Fähigkeit, den Unterschied zwischen den beiden Positionen zu erkennen. Also sprach er in Ruhe und Gelassenheit davon, die Dinge ansprechen zu wollen, die man ändern könne, ändern wolle und werde und vergaß dennoch nicht, auf mehr oder weniger subtile Weise auf die dürftige Leistung des Hauptschiedsrichters in Tateinheit mit dem VAR hinzuweisen.   

Der GAK beschenkt sich mit einem 3:0 zur Halbzeit und sein Publikum mit einem sehr guten Spiel

   Manche Berichte erwähnen den Ballbesitz des WAC als Beweis dafür, wie sehr die Truppe von Anfang an eine gewisse Überlegenheit auf den Platz gebracht hätte. Tatsächlich ist es aber so, dass Ballbesitz, wie auch die roten Bullen aus Salzburg seit einiger Zeit zu erkennen haben, zwar eine schöne und oft sehr nützliche Sache ist, aber keinesfalls für fußballerische Überlegenheit oder gar die berühmten Wow-Momente für das Publikum zu sorgen imstande ist. Der WAC erwies sich jedenfalls von Anfang an als ballsicher, hervorragend eingespielt, hat aber, bis auf einen Moment der Unachtsamkeit in unserer Abwehr in Minute Vier, in der Kreuzrieglers Einsatz Schlimmeres verhinderte, nichts als hübsches, aber ineffizientes Passspiel zu bieten. Anders die Rotjacken, bei denen eine sehr gute Flanke von Lichtenberger, durch Maderner mit dem Rücken zum Tor geköpfelt, zum sehenswerten 1:0 führt.

Galeriespiel und Effizienz

   Dass Arbeit für das p.t. Publikum, im Fußball gemeinhin „Kick für die Galerie genannt“, nicht nutzlos verpuffen muss, sondern auch effizient für Tore genützt werden kann, zeigt der GAK in den folgenden Minuten auf mustergültige Weise.  Eine schöne Aktion nach der anderen gipfelt in der 11. Minute in einer wunderbaren Weiterleitung Maderners auf Cipot, der das absolut verdiente 2:0 erzielt. Vier Minuten später spielt Cipot an der linken Seite seine Gegner schwindlig, der daraus resultierende Eckball bringt nichts ein, aber was für ein Solo! Und eine Minute später düpiert Italiano seinen Gegner mit Zuckerschmäh, die Flanke wird allerdings Beute von Goalie Baumgartner. Der WAC beweist im Gegenzug, dass er ebenfalls Gefahr erzeugen kann, aber die rote Abwehr steht sicher. Leider kommt Perchtold im Kampf um den Ball in Minute Fünfundzwanzig etwas zu spät, trifft das bereits abwesende Spielgerät nicht, dafür aber den Gegenspieler am Knöchel, sieht Dunkelgelb – und der VAR greift erstmals, zu Recht, ein. Die Dunkelgelbe verwandelt sich in eine Rote und der GAK muss, über sechzig Minuten mit einem Mann weniger auskommen.

   Einschub: „Wie kann man da, in dieser Situation, bei diesem Spielstand, so reingehen!“ So schreit der „objektive“ Fan, der seine Objektivität gern aus dem geradezu fanatischen Hass auf Spieler der eigenen Mannschaft zu nähren scheint. Wer live am Platz dabei war, hat gesehen, dass das Ganze in Bruchteilen einer Sekunde ablief, keine Absicht, noch nicht einmal Ungeschick, zu spät um Hundertstelsekunde(n), wie es vielen – auch millionenschweren – Fußballern passiert. Auch hier ist Trainer Poms zu preisen, der sich auf der Pressekonferenz, kurz, knapp und klar hinter seinen Spieler stellt.

Ein Mann weniger, aber weiter geht’s

   Und man merkt nicht, dass der GAK einen Mann weniger hat. Der Vorwärtsgang bleibt eingelegt. Das führt zum absolut verdienten 3:0 in Unterzahl durch Martin Kreuzriegler (mit Hilfe von Gantschnigs Brust) in Minute Sechsunddreißig, der seine bisherige gute Leistung mit einem Tor belohnt. Und wieder greift der VAR ein, stiehlt dem Publikum Zeit, der Mannschaft Animo und wer das Gesicht des Schiedsrichters während der Überprüfung am Monitor sieht, kann nur Fassungslosigkeit und das Unvermögen überhaupt etwas zu sehen, was diesen Check notwendig gemacht haben soll, erkennen. Folgerichtig wird das Tor dann auch anerkannt. Dass der Schiedsrichter bis dahin mehrere eindeutige Fouls und einige Handspiele des WAC, dessen erste gefährliche Aktion in Minute Vier nach gleich zwei Handspielen des am Boden liegenden in wenig kleidsamen Schwarz spielenden Gegenspielers zustande kam, wird aufgrund der Anerkennung des Tores dann gern vergessen. Es wird schlimmer kommen. Vorerst gibt’s in der 42. Minute eine Gelbe gegen Cipot wegen Schwalbe links außerhalb des Strafraums. Eine Minute später spielt der großartig agierende rote Slowene mal wieder seinen Gegner auf der Briefmarke aus, wird von hinten gelegt und es gibt – Freistoß für den WAC. Da beginnt das Publikum denn doch ein wenig unwirsch zu werden. Ja, der Schiedsrichter hat noch nicht sehr viele Bundesligaspiele geleitet. Ein unsicherer Schiedsrichter ist aber üblicherweise schlecht für beide Mannschaften. Hier aber erkennt man mittlerweile eine Tendenz, die nach der Pause noch deutlicher sichtbar werden wird. In der 45. Minute gelingt dem WAC der erste Schuss, der unser Tor auch trifft, doch Meierhofer ist auf dem Posten. Drei Minuten Nachspielzeit werden angezeigt und durch den VAR versüßt, der bei einem vorgeblichen Handspiel in unserem Strafraum – allerdings nach Abseitspfiff –, einen Elfmeter schinden möchte. Wieder nichts, aber Zeit ist vergangen und so werden aus drei Minuten sechs oder mehr. Nach etwa sieben Minuten (wenn ich einem Sitznachbarn vertrauen darf, der auf die Uhr gesehen hat) der dreiminütigen Nachspielzeit geht es mit einem 3.0 in die Kabinen. Man ist zwar in Unterzahl, hat aber ein zufriedenes Publikum in die Pause entlassen, das sich fragt, was da noch passieren soll. Und leider hat die Antwort auf diese Frage dann gar nicht gefallen.

Denn erstens kommt es anders…

   Dass der WAC bei diesem Spielstand mit Energie und größtem Angriffswillen aus der Pause kommen würde, war klar. Und so ließ unser Trainer den mit Gelb verwarnten Cipot, der sich auch nicht zwingend als Lieblingsspieler des Schiedsrichters präsentiert hatte, auf der Bank und brachte mit Dressel einen stabilen defensiven Mittelfeldmann. Und es kam wie vorausgesehen. Bereits nach drei Minuten kann der WAC auf zwei allerdings harmlose Eckbälle verweisen. Weitere zwei Minuten später auf zwei weitere, die jeweils aus nicht gegebenen Fouls an GAK-Spielern resultierten. Was in der ersten Hälfte Tendenz gewesen war, drohte, sich zum Prinzip auszuwachsen. Denn, nur zum Beispiel, Maderner, vor den Augen des Schiris, der die Situation deutlich sehen musste, von gleich zwei Gegenspielern umreißen zu lassen ist eine Chuzpe, die üblicherweise mit einem Freistoß geahndet wird. Es gab auch Freistoß, allerdings für den WAC. Einem Foul an Frieser (ich hoffe, ich habe da den richtigen Spieler erkannt) im vielversprechenden Aufbauspiel folgte wieder kein Freistoß für den GAK – und schon gar keine Gelbe für den Gegner. Das Foul hatte wenige Meter vor dem Schiri stattgefunden, aber… Nun hatte man schon viele solcher Situationen im Match gehabt, sodass die Zuschauer schön langsam auf die Palme gingen. Nicht aber die Mannschaft, denn dann fiel es, das nach dem Spiel von vielen in allen möglichen Foren so geforderte vierte Tor. Maderner überhebt Baumgartner und – das Tor wird nicht gegeben. Angeblich Foul von Maderner, das, wie ein Forumdiskutant schrieb, im Fernsehen nur nicht zu erkennen war. Der VAR hatte da wahrscheinlich gerade Pinkelpause. Natürlich haben auch alle Recht, die meinen, Satin hätte nicht den auf der Linie stehenden Spieler anschießen müssen, als er in Minute Sechsundfünfzig eine Riesenchance vorfand. Oder Maderner hätte ja in der 66. Minute nicht rechts am Tor vorbeischießen müssen, dann wäre es ja doch gefallen, das zwischen den beiden Chancen aberkannte 4:0. Was erzählt uns das nun aber wirklich über die zweite Hälfte? Nun, wohl, dass unsere Mannschaft trotz Unterzahl und defensiverer Ausrichtung die klar gefährlichere blieb. Inzwischen brachte Trainer Poms Vucic für den wieder ausgezeichneten, aber extrem viel gelaufenen Lichtenberger. Die 63. Minute sieht den nächsten VAR-Eingriff und eine weitere Elfmeterforderung. Goalie Meierhofer war zuerst am Ball, also kein Elfmeter, das darf auch der VAR wissen. Stattdessen wird wieder Zeit und Spielfluss gestohlen, und der an sich schwache Schiedsrichter kann wieder nicht erkennen, wieso er zum Monitor gerufen wird – es gibt keinen Elfmeter. Nona!

Aller schlechten Dinge sind drei oder: Absurder geht immer

   In der 70. Minute ist die Welt noch in Ordnung, unsere Abwehr düpiert einen Gegenspieler in unserem Strafraum mit dem Gurkerl und spiel locker raus, da kann nichts mehr schiefgehen. Doch es kann der Beste nicht in Frieden Fußball spielen, wenn es dem bösen VAR nicht gefällt. Minute Fünfundsiebzig: Thomas Sabitzer trickst innerhalb des Strafraums links an der Sechzehnergrenze, wendet sich, Kreuzriegler verfolgt ihn. Dabei hat unserer Verteidiger die Hand nach links ausgestreckt – ein völlig normales Verteidigerverhalten. Sabitzer sieht die Hand, sucht eine – minimale – Berührung und fällt. Verdient sieht der WACler die Gelbe, und da verlangt der VAR zum dritten Mal, ohne dass es eine klare Fehlentscheidung gegeben hätte, Elfmeter für den WAC. Wieder muss der ohnehin unsichere und von einer gewissen Tendenz nicht ganz freizusprechende Schiedsrichter zum Monitor. Wieder kann ich sein Gesicht beobachten, sehe, wie er die Augen zusammenkneift, weil er offensichtlich mal wieder nicht sieht, wieso man ihn zum Monitor gerufen hat, nähert sich dem Monitor, neigt sich zurück, Zeit vergeht, der ungläubige Blick wird nicht gläubiger. Dann geht der Schiri zurück aufs Feld, gesenkten Hauptes, den rechten Zeigefinger am Ohrstöpsel, da er noch immer mit dem VAR diskutiert. Er richtet sich auf und gibt – zum Erstaunen aller – Elfmeter. Den verwandelt David Atanga sauber zum 3:1. Und das Theater des Absurden hebt ab in höhere Sphären. Wie Trainer Poms (und auch ich beim Studium der Zusammenfassung) nach dem Match immer wieder betont, war das kein Elfmeter. Wenn das ein Foul gewesen sei, so unser Trainer auf der Pressekonferenz, dann hätte es nach Fouls an Maderner sechsunddreißig Strafstöße für den GAK geben müssen. Damit verweist er unterschwellig, aber mit Recht, auf die sichtliche Tendenz des Headreferees. Denn dieser Elfer erweckt eine mittlerweile zwar optisch überlegene, aber ineffiziente Mannschaft, die wohl kaum mehr ein Tor aus dem Spiel zusammengebracht hätte, zu neuem Leben. In der 83. Minute gelingt Angelo Gattermeyer das 2:3. Und auch dieses Resultat wäre wohl noch zu verteidigen gewesen. Dass unser Michael Lang allerdings ein Eigentor, wie man es fast nie zu sehen bekommt, zum 3:3 erzielt – und das in der 92. Minute, also bereits in der siebenminütigen Nachspielzeit -, bricht unsere Mannschaft sichtlich. Die zweite Rote für den GAK, Filipovic mault gegen den Schiedsrichter (meines Erachtens weist er auf einen im eigenen Strafraum liegenden Spieler des GAK hin und fragt, mit welchen Worten konnte freilich niemand feststellen, warum denn das Spiel weiterlaufe), ist dann gar nicht mehr wirklich so entscheidend. Anmerken darf man, dass die erste Gelbe gegen Filipovic mehr als streng war und natürlich auch, dass ein routinierter Spieler in einer solchen Situation nicht mit einem ohnehin schwer verunsicherten Schiri zu reden oder gar zu maulen hat. Die Krone setzt dem ganzen Spiel das Siegestor durch Joker Gattermayer in der 98. Minute auf. Sieben Minuten Nachspielzeit sind zu diesem Zeitpunkt seit einer halben Minute um…

Und die Chöre singen für dich

   Fazit: Dem GAK ist es gelungen, ein Spiel zu verlieren, dass man, wie auch unser Trainer unmissverständlich festgestellt hat, nicht verlieren darf. Ebenso unmissverständlich hat er den Finger in die Wunden gelegt, die es bis zum letzten Spiel der Saison zu heilen gilt. Diese klare Sicht, die die Schuld beim eigenen Auftreten sucht und die Fehler ansprechen kann und abstellen wird, gibt mehr als nur Hoffnung für die Zukunft. Denn wir dürfen nicht vergessen, dass wir eine sehr gute erste Hälfte gegen eine wirklich selbstsichere und fußballerisch fähige Mannschaft gesehen haben, eine Hälfte, die Freude bereitet hat. Dann sahen wir ein ausgezeichnetes Verteidigen in Hälfte Zwei, ein (aberkanntes) Tor und zwei Großchancen, ehe ein Elfmeter den Spielverlauf erst wirklich kippen ließ. Ja, danach haben wir uns selbst ein Tor geschossen und durch Undiszipliniertheit weiter geschwächt. Hier wird man, darauf darf man sich verlassen, ansetzen und die Mannschaft weiterbilden, bis es zwei Halbzeiten zu bestaunen geben wird, die beweisen, dass unser spielerisches Potential für höhere Aufgaben geeignet ist.

   Dennoch: eine solche Leistung eines Schiedsrichters ist zu hinterfragen, die des VAR mit dem höchst fehleranfälligen VAR sowieso. Dreimal nach keinen klaren Fehlentscheidungen (sondern vielmehr absolut richtigen Pfiffen) Elfmeter geradezu zu fordern, bis ein unsicherer Schiedsrichter den Willen der Kellerpartie erfüllt, ist eigentlich wohl auch international beispiellos. Die Chöre sangen dann am Ende für den armen Herrn Schiedsrichter, zwar nicht wie bei Mark Forster „Ohohohohohohoh“, sondern das weniger hübsche „Schiri, du Oaschloch“ mit Inbrunst und Ausdauer, aber allein verantwortlich war er nicht. Der VAR (und natürlich auch Fehler der Unseren) hatten wohl mit Schuld. Und weil wir den Herrn Forster schon erwähnt haben, geben wir ihm das letzte Wort, das wir in diesem Fall auf unseren geliebten Club münzen: „Wie ich dich seh, ist für dich unbegreiflich/Komm ich zeig’s dir/Ich lass Konfetti für dich regnen/Ich schütt dich damit zu/ Ruf dein’n Nam‘n aus allen Boxen/…/Ich roll den roten Teppich aus/Durch die Stadt, bis vor dein Haus/Du bist das Ding für mich“.

Alfred Haidacher

DER GRAZER STADTKLUB - gegründet 18.08.1902