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News / Redaktion / Donnerstag 29.11.2018

"Du musst wissen, was du kannst"

Unser Abwehrrecke Lukas Graf im großen Winterinterview über spät erfüllte Jugendträume, Selbstvertrauen und seine "Sprachgewandtheit" auf dem Platz. Plus: Seine Liebeserklärung an ganz besondere Fans.

Wir treffen uns im "Skurril". Weil es ein Lokal ist, in dem wir "Roten" gerne gesehen sind. Und weil Lukas nicht weit davon entfernt wohnt. Das weiß ich, weil er seit vier Jahren, also noch bevor er zum GAK kam und nach Graz zog, der Freund meiner Tochter Hanna ist. Ich möchte das vorausschicken, weil dieses Interview vielleicht an manchen Stellen sehr tief in die Gefühlswelt von Lukas Graf eintaucht. Weil sich da nicht nur ein Mitglied des GAK-Media-Teams und ein GAK-Kicker gegenüber saßen, sondern auch zwei Mitglieder einer Familie. Und viel mehr noch: zwei Freunde.

 

Lukas, irgendwie habe ich Dich noch nie nervös gesehen. Du strahlst vor allem auf dem Platz ein enormes Selbstvertrauen aus. Ist das auch wirklich da oder nur vorgetäuscht?

Es ist einfach so, dass ich mit Druck sehr gut umgehen kann. Das war schon immer so. Das liegt zuerst einmal daran, dass ich mich auf jedes Spiel ganz einfach freue. Sicher werde auch ich gegen die Austria ein bisschen Nervosität verspüren, aber ich lasse mich von großen Namen sicher nicht beeindrucken. Ich habe sicher keine Angst vor der Austria, Respekt ja, aber Angst? Nein! Weißt du, man muss einfach wissen, was man kann. Ich weiß das. Ich weiß, dass ein Tackling nahe des Strafraumes oder im Strafraum riskant sein kann - aber ich weiß, dass ich es schaffen kann, den Stürmer damit vom Ball zu trennen. Das ist auch gar nicht so sehr eine instinktive Entscheidung, das zu tun - weil zu 90 % sieht man ohnehin schon vorher, was der Gegner höchstwahrscheinlich tun wird. Um das aber zu sehen, musst du immer voll da sein, total konzentriert. 

Du musst das sein, wenn du verteidigst, und natürlich auch wenn du angreifst. Und wenn du dann gegen den 1. FC Köln spielst, dann merkst du halt, dass du gegen solche Gegner noch schneller im Kopf sein musst. Weil die haben immer mindestens zwei Spielzüge voraus gedacht. Aber ich bin mir sicher: Würde ich nur ein Monat in Köln mit deren Möglichkeiten mittrainieren, dann würde ich in dieser Hinsicht auch mit denen mitkommen.

Als junger Spieler in der Akademie beim KSV hatte ich im Vergleich zu den Kampfmannschaftskickern null Saft, aber ich wusste schon, dass ich das schaffen kann, was die alle schon geschafft hatten. Ich habe es dann tatsächlich, so wie auch der Michael Gregoritsch und der Ylli Sallahi (danach bei Bayern München und beim KSC, Anm.) geschafft, habe mit 17 in der Kampfmannschaft debütiert.

 

Und hast Dir damit Deinen Traum erfüllt, oder? 

Richtig! Seit frühester Kindheit, seit ich daheim Thörl gekickt habe, war es mein Traum, einmal Fußballprofi zu werden. Aber dann schien plötzlich alles vorbei. Ein Meniskuseinriss und ein Knorpelschaden haben mich sehr weit zurückgeworfen. Ich habe dann wieder in Thörl in der Unterliga gekickt, habe im Drahtwerk der Joh. Pengg AG in Thörl gearbeitet und mit der Profikarriere abgeschlossen. Für meine Eltern, die sich immer wieder sprichwörtlich den A... aufgerissen haben für mich, mich extrem bei diesem Fußballtraum unterstützt haben, ist damals schon deine Welt zusammengebrochen. Für mich hat es damals dennoch irgendwie gepasst - aber einfach nur, weil ich damals einfach keinen Biss mehr hatte. Ganz anders als jetzt wieder.     

 

Bei der GAK-Weihnachtsfeier 2015 habe ich erfahren, dass Du beobachtet wirst - durfte Dir aber nichts verraten. Aber am 1. Juli 2016 durfte ich Dich auf der GAK-Homepage als Neuzugang vorstellen. Für meinen Sohn und mich ein Traum! Wie war es für Dich eigentlich damals? Hättest Du Dir erwartet, dass damit der Traum vom Profifußball ziemlich sicher doch noch möglich wird?

Ganz ehrlich gesagt? Nein! Das hätte ich mir nie erwartet. Ich hatte ein bisschen Schiss vor dem ersten Training. Ich wusste, dass ich definitiv nicht auf dem besten körperlichen Niveau war. Aber dann habe ich gleich gespürt, dass mich Trainer Gernot Plassnegger unbedingt haben wollte. Dass er Vertrauen in mich hatte. Und da ist mir wieder eingefallen, dass ich weiß, was ich kann. Dass ich auch die Aufgaben beim GAK schaffen kann. Mein erstes Ziel war, so schnell als möglich wieder auf das körperliche Niveau zu kommen, welches ich beim KSV hatte. Das habe ich rasch geschafft.

Was dazu sehr beigetragen hat, war, dass die Integration in die Mannschaft sehr leicht war. Du weißt eh: Mit dem "Heili" (Marco Heil, Anm.) habe ich mich auf Anhieb verstanden. Und dann war da auch noch der Gerald Säumel. Der Geri ist einfach ein großartiger Mensch und großartiger Kapitän. Der ist so extrem wichtig für uns alle im Team, egal ob auf dem Platz oder abseits davon. Seine Wichtigkeit kann ich nur schwer beschreiben. Zu ihm kann man halt immer gehen, wenn man was braucht, auch als junger, neuer Spieler. Ich hoffe sehr, dass er uns, egal in welcher Funktion, noch lange erhalten bleibt.   

 

Wenn man Dir so zuhört, dann spürt man eine richtige Begeisterung für dieses Team.

Ja, die ist absolut da. Denn der Zusammenhalt in diesem Team ist wirklich toll. Wir sind nicht nur Teamkollegen, wir sind Freunde. Wir reden viel miteinander, auch auf dem Platz. 

 

Dich hört man besonders oft reden - sprich: Du gibst recht viele Anweisungen, wie das Spiel von hinten raus funktionieren soll.

Ich bin so, ich muss das tun. Wenn ich nicht rede, spiele ich nur halb so gut. Aber ich kann auch zuhören während dem Match. Ich hole mir oft ein Feedback von meinen Mitspielern ab. Dieser enge Zusammenhalt, der zahlt sich halt extrem aus. Wir gewinnen manche engen Matches, weil wir sie gewinnen wollen. Das will der Gegner auch, aber wir wollen das mehr. Und da gehen dann alle bis an ihre Grenzen, hauen sich bis zum Umfallen rein. So wie etwa in Kalsdorf, als wir einen 2:0-Rückstand in einen 3:2-Sieg verwandelt haben. 

Auch mir passiert es manchmal, dass ich mir denke: "Boah, 70. Minute, heute ist es echt zach, ich bin schon richtig müde!" Aber dann beiße ich die Zähne zusammen, dann wird gekämpft. Und wenn du dann siehst, dass die anderen das auch tun, dann gibt das noch mehr Kraft. 

 

Stichwort Kraft: Seit deinem ersten Meisterschaftsspiel für den GAK sind Deine Thörler Freunde Stammgäste in Weinzödl und bei vielen Auswärtspartien. Was bedeutet Dir das?

Ich habe die ersten fast 22 Jahre meines Lebens in Thörl verbracht. Es war schon ein schwerer Schritt nach Graz zu ziehen - und ich habe mir das wirklich lange überlegt. Mir sind meine Freunde wirklich extrem wichtig. Ich habe mit denen den Kindergarten besucht, die Schule - das sind einfach Freunde fürs ganze Leben. Wenn du dann wegziehst und glaubst, du siehst sie nur mehr selten, dann ist das schon schwer. Und dann kommen die plötzlich zu allen Matches! Ich mein', wenn sie nur 1, 2 Mal pro Saison kommen würden, würde ich mich auch sehr freuen. Aber die kommen immer! Ich habe sie schon ein paar Mal gefragt, wie ich mir das verdient habe. Da haben sie einfach gesagt "Weilst ein geiler Typ bist!" und "Weilst uns ja auch was zurückgibst!" Aber ganz ehrlich: Ich tue ja nicht viel! Ich finde das einfach nur großartig - das ist wahre Freundschaft!

Ein gutes Schlusswort für ein sehr freundschaftliches Gespräch. Danke, Lukas!          

 

Im Video: Lukas Graf und einige seiner Thörler Freunde beim gemeinsamenen Torjubel (2. Tor). 

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